Anlagefehler vermeiden |
18.06.2025 17:08:00
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Selbstüberschätzung an der Börse: Strategien gegen den Overconfidence Bias

Viele Anleger glauben, den Markt besser einschätzen zu können als andere - und tappen damit in die Falle des Overconfidence Bias. Die Folge: riskante Entscheidungen, unnötige Trades und oft enttäuschende Renditen. Doch wer die psychologischen Mechanismen dahinter kennt, kann sich schützen - mit klaren Strategien, Selbstreflexion und einem kühlen Kopf.
• Digitaler Zugang begünstigt emotionale Fehleinschätzungen
• Feste Anlagestrategien mit klaren Regeln statt impulsivem Verhalten
Was ist der Overconfidence Bias - und warum ist er beim Investieren gefährlich?
Der Overconfidence Bias beschreibt eine kognitive Verzerrung, bei der Menschen ihre Fähigkeiten, ihr Wissen oder ihre Kontrolle über komplexe Situationen überschätzen. Besonders beim Investieren zeigt sich dieses Verhalten darin, dass Anleger glauben, besser informiert zu sein als andere, Kursentwicklungen vorhersagen zu können oder den optimalen Kauf- und Verkaufszeitpunkt zu erkennen. Diese Selbstüberschätzung kann zu riskanten Entscheidungen führen - etwa zu häufigem Handeln, dem Aufbau unausgewogener Portfolios oder dem Ignorieren objektiver Risiken. Psychologisch liegt diesem Verhalten unter anderem die sogenannte Illusion der Kontrolle zugrunde. Anleger nehmen fälschlicherweise an, sie hätten direkten Einfluss auf den Markt oder könnten Entwicklungen besser steuern, als es tatsächlich möglich ist. Auch der Rückschaufehler spielt eine Rolle: Entscheidungen, die im Nachhinein erfolgreich waren, werden oft als vorhersehbar empfunden, obwohl sie von Zufällen oder äusseren Faktoren geprägt waren. Zudem zeigt der sogenannte Dunning-Kruger-Effekt, dass besonders unerfahrene Personen dazu neigen, ihre Kenntnisse massiv zu überschätzen, während sie ihre tatsächlichen Wissenslücken nicht erkennen.
Die Folgen dieser Denkweise sind gut dokumentiert. Studien zeigen, dass übermässig selbstbewusste Investoren häufiger handeln, was durch Transaktionskosten nicht nur die Rendite schmälert, sondern auch das Risiko erhöht. Oft vernachlässigen sie grundlegende Prinzipien wie Diversifikation oder Disziplin und treffen emotionale Entscheidungen auf Basis vermeintlicher Expertise. Laut Omar Aguilar, Chief Investment Officer bei Charles Schwab, neigen gerade erfolgreiche Anleger dazu, vergangene Gewinne als Beleg für überlegene Fähigkeiten zu interpretieren - ein gefährlicher Trugschluss, der langfristig zu überhöhtem Risiko und enttäuschenden Ergebnissen führen kann.
Wer ist besonders anfällig - und in welchen Marktphasen tritt der Bias verstärkt auf?
Der Overconfidence Bias betrifft Anleger aller Erfahrungsstufen, doch insbesondere junge und technikaffine Investoren neigen dazu, ihre Fähigkeiten am Markt zu überschätzen. Studien zeigen, dass gerade Männer und jüngere Anleger durch erste Erfolge ein übertriebenes Vertrauen in die eigenen Entscheidungen entwickeln - häufig ohne ausreichendes Wissen über fundamentale Zusammenhänge. Die Kombination aus digitalem Zugang zu Trading-Apps und dem Wunsch, möglichst schnell Gewinne zu erzielen, verstärkt diese Tendenz. Push-Benachrichtigungen, bunte Benutzeroberflächen und Gamification-Elemente machen das Investieren leicht zugänglich - aber auch trügerisch einfach.
Besonders in Marktphasen mit starkem Aufschwung - etwa während der Tech-Rallye 2020/21 oder des Krypto-Booms - nimmt die Selbstüberschätzung vieler Anleger spürbar zu. Die mediale Dauerpräsenz von Trends, Erfolgsgeschichten in sozialen Netzwerken oder die Inszenierung von Finanzinfluencern auf Plattformen wie TikTok und Instagram befeuern das Gefühl, mit dem richtigen Riecher zur richtigen Zeit investiert zu haben. In Wahrheit werden häufig spekulative Entscheidungen getroffen, die weniger auf Analyse als auf Bauchgefühl beruhen.
Der Schweizer Vermögensverwalter HBL Asset Management warnt daher vor einer gefährlichen Kombination aus Informationsflut, sozialem Druck und digitaler Schnelllebigkeit. Diese kann dazu führen, dass Investoren ihre Risikobereitschaft erhöhen und blinde Flecken in ihrer Einschätzung nicht erkennen - ein idealer Nährboden für den Overconfidence Bias.
So schützt man sich: Strategien gegen die Selbstüberschätzung beim Investieren
Selbstüberschätzung lässt sich nicht vollständig abstellen - sie ist tief in menschlichem Verhalten verankert. Doch wer sich ihrer Existenz bewusst ist, kann konkrete Schritte unternehmen, um sie beim Investieren zu kontrollieren. Der wichtigste Schutzmechanismus ist eine klare, durchdachte Anlagestrategie. Wer im Vorfeld festlegt, welche Ziele verfolgt werden, wie hoch die persönliche Risikotoleranz ist und wie das Portfolio strukturiert sein soll, schafft eine rationale Entscheidungsbasis. Dadurch lassen sich impulsive Handlungen deutlich besser vermeiden. Auch Automatismen können helfen. Statt zu versuchen, den idealen Einstiegszeitpunkt zu finden, sind regelmässige Sparpläne auf ETFs oder Fonds eine bewährte Methode, um emotionale Fehler zu reduzieren. Sie entziehen kurzfristigen Marktschwankungen die Aufmerksamkeit und fördern diszipliniertes Investieren. Ergänzend empfiehlt es sich, das eigene Portfolio in festen Abständen zu überprüfen - etwa halbjährlich - und nicht bei jeder Marktbewegung aktiv zu werden.
Ein bewährtes Mittel gegen die eigene Verzerrung ist der Austausch mit Dritten. Wer Anlageentscheidungen mit neutralen Personen - Berater, erfahrene Freunde oder Mentoren - bespricht, wird häufiger mit kritischen Rückfragen konfrontiert. Das kann helfen, blinde Flecken zu erkennen. Ebenfalls sinnvoll: ein Investment-Tagebuch. Wer notiert, wann und warum eine Entscheidung getroffen wurde, kann später reflektieren, ob sie tatsächlich fundiert war - oder eher vom Bauchgefühl gelenkt.
Letztlich ist auch die kontinuierliche Weiterbildung ein zentraler Faktor. Wer sich mit typischen Denkfehlern, Anlegerpsychologie und langfristigen Marktmechanismen beschäftigt, entwickelt ein besseres Gespür für die eigenen Schwächen. Wie Omar Aguilar es formuliert: Es gehe nicht darum, Emotionen auszuschalten - sondern darum, ihre Wirkung zu verstehen und die eigene Entscheidungsarchitektur entsprechend zu gestalten.
Redaktion finanzen.ch
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