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StocksDigital 20.03.2016 06:45:00

Transport-Aktien sind im Aufwind

Überkapazitäten und die Wachstumsabschwächung in China machen dem Transportsektor das Leben schwer. Zuletzt legten europäische Logistikaktien dennoch zu. Welche Titel weiteres Potenzial besitzen.

Von Wolfgang Hagl

Die Häfen von Shanghai zählen zu den wichtigsten Infrastrukturanlagen im Reich der Mitte. Mehr als ein Viertel von Chinas internationalem Handelsvolumen tritt von der Metropole im Süden des Landes aus die Reise in alle Welt an. Allein an dem im Jahr 2005 eröffneten Yangshan-Tiefseehafen sind auf einer Länge von 3 Kilometern 34 Container-Kräne aufgereiht. Derzeit haben die monströsen Anlagen allerdings vergleichsweise wenig zu tun.

Laut einer Meldung der Nachrichtenagentur Reuters sind die Preise für den Gütertransport von Asien nach Europa dramatisch eingebrochen. Demnach kostete es zuletzt nur noch 211 US-Dollar, einen Standard-Container von Shanghai aus in Richtung des alten Kontinents verschiffen zu lassen - vor einem Jahr bewegte sich die Rate im Schnitt bei knapp 1000 Dollar. Ein vergleichbares Bild zeichnet der Baltic Dry Index. Dieser, von der Baltic Exchange in London berechnete Gradmesser, zeigt die Frachtkosten für wichtige Rohstoffe. Anfang Februar tauchte der Index erstmals unter die 300-Punkte-Marke ab.

Transportsektor: Aktien melden sich zurück

Mittlerweile konnte der Baltic Dry aber wieder Boden gutmachen, aktuell notiert der Index bei knapp 400 Zählern. Praktisch zeitgleich mit diesem Rebound sendeten die Aktien des Transportsektors ein Lebenszeichen. Innert vier Wochen legte der STOXX Europe 600 Transportation Index um 8 Prozent zu. Jetzt ist die Sektor-Benchmark sogar drauf und dran, den im April 2015, damals hatte der Index ein Allzeithoch erreicht, lancierten Abwärtstrend zu durchbrechen.

Mit dem laufenden Geschäft der Logistikbranche lassen sich die Avancen aber nur schwer erklären. Wie eingangs erläutert, haben die Dienstleister mit extrem tiefen Frachtraten zu kämpfen. Neben der Wachstumsabschwächung in China und der flauen Wirtschaft auf dem alten Kontinent spielen dabei hohe Überkapazitäten eine Rolle. Mit Sparmassnahmen, Effizienzsteigerungen und der Fokussierung auf weniger konjunkturabhängige Leistungen wie die Kontraktlogistik geben die Unternehmen Gegensteuer.

Kühne + Nagel - auf Rekordfahrt

Beispiel Kühne + Nagel: Trotz Frankenschwäche und des im Grossen und Ganzen stagnierenden Transportvolumens verbuchte der heimische Branchenriese im 2015, dem Jahr des 125. Firmenjubiläums, einen Rekordgewinn. Nach Angaben von CFO Markus Blanka-Graff konnte das Unternehmen den Profit mittels Kosten- und Prozessoptimierungen steigern. «Da nehmen wir unsere Dynamik her», erklärte er an der Bilanzmedienkonferenz.

Geschickt agierte das Management vor allem in der Seefracht, hier ist Kühne + Nagel weltweit führend. 2015 steigerte das Segment die Konversationsrate um knapp 3 Prozentpunkte auf 33,2 Prozent. Diese in der Branche gängige Profitabilitätskennzahl gibt das Verhältnis von Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) zu Bruttogewinn an. Konzernweit verbesserte Kühne + Nagel die Marge vor Steuern auf 5,2 Prozent. Damit wurde die mittelfristig angepeilte 5-Prozent-Marke früher erreicht als erwartet.

Für das laufende Jahr peilt das Management weitere Verbesserungen bei Volumen, Marktanteil und operativem Ergebnis an. J.-Safra-Sarasin-Analyst Jann Breitenmoser bezeichnet das jüngste Zahlenwerk des Logistikunternehmens als solide. Da der Mid Cap auf dem aktuellen Niveau fair bewertet sei, stuft er ihn weiterhin mit «Neutral» ein. Mit diesem Urteil befindet sich die Privatbank in guter Gesellschaft - laut Reuters liegt der Konsens für Kühne + Nagel momentan auf «Hold».

Deutsche Post: Zurück in die Wachstumsspur

Derweil hat sich das durchschnittliche Rating für die Deutsche Post auf «Outperform» verbessert, nachdem der europäische Branchenkrösus die Bilanz für 2015 präsentiert hat. Dem ehemaligen Staatskonzern macht in der Frachtsparte nicht nur das flaue Geschäftsumfeld zu schaffen. Probleme bei der Einführung neuer Datenverarbeitungssysteme zwangen die Bonner zu hohen Abschreibungen. Zwar kann sich CEO Frank Appel auf das boomende Expressgeschäft sowie auf die stabile Postsparte verlassen, ingesamt musste das DAX-Mitglied beim Ebit 2015 dennoch einen Rückgang von 18,7 Prozent auf gut 2,4 Milliarden Euro hinnehmen. Bereits in der laufenden Periode möchte Appel aber eine Verbesserung auf 3,4 bis 3,7 Milliarden Euro hinbekommen.

Dabei sollte ihm die jüngste Portoerhöhung in die Hände spielen. Kürzlich hat die Deutsche Post die Preise für die Briefzustellung so stark erhöht wie seit nahezu 30 Jahren nicht mehr. Während dieser Schritt für viele Verbraucher ein Ärgernis sein dürfte, zeigt sich das Unternehmen gegenüber den Investoren spendabel. Mit der Bilanz präsentierte der Vorstand die Pläne für ein Aktienrückkaufprogramm. Innert zwölf Monaten möchte das Unternehmen dafür bis zu 1 Milliarde Euro locker machen. Ausserdem sollen die Anteilseigner für 2015 trotz des Ergebnisrückgangs eine stabile Dividende erhalten. Damit lockt der Blue Chip aktuell mit einer Dividendenrendite von 3,3 Prozent.

Maersk: Analysten sehen Kurserholung

Exakt denselben Renditewert zeigt momentan die Aktie von Maersk. Auch das dänische Konglomerat versucht, die Aktionäre mit einer unveränderten Ausschüttung bei Laune zu halten. Operativ durchlebte das Unternehmen gerade den «perfekten Sturm». Mit diesem Bild beschreibt das Management die Entwicklung im vierten Quartal 2015. Tiefe Frachtraten drückten die Transportsparte - Maersk Line ist die weltweit grösste Container-Reederei - Ende des vergangenen Jahres in die roten Zahlen. Gleichzeitig machte den Skandinaviern im zweitgrössten Geschäftszweig der tiefe Ölpreis einen Strich durch die Rechnung. Hohe Abschreibungen auf verschiedenen Produktionsstätten in Europa sowie Tiefseeförderanlagen in Angola und Brasilien bescherten der Öl-Sparte einen Quartalsverlust von mehr als 2 Milliarden US-Dollar.

Nachdem das Unternehmen im Gesamtjahr aus dem laufenden Geschäft immerhin 3,1 Milliarden US-Dollar verdient hat, rechnen die Verantwortlichen für 2016 mit einem signifikanten Rückgang. Immerhin soll der Brutto-Cashflow mit 7 Milliarden Dollar knapp das Niveau der Vorperiode erreichen. Möglicherweise sind nach dem steilen Absturz der vergangenen Monate die negativen Aussichten weitestgehend im Aktienkurs drin. Jedenfalls raten Analysten mehrheitlich zum Kauf. Im Lager der Bullen ist beispielsweise Kepler Cheuvreux zu finden. Das Investmenthaus erwartet für 2016 eine Erholung im Frachtgeschäft und erachtet den dänischen Blue Chip zudem als attraktiv bewertet.

Flughafen Zürich hebt ab

Völlig unbeeindruckt von den Problemen des Sektors zeigt sich die Aktie von Flughafen Zürich. Der zweite Schweizer Vertreter im STOXX Europe Transportation Index ist gerade aus einer kurzfristigen Seitwärtsbewegung nach oben ausgebrochen und hat bei 867.50 Franken ein Allzeithoch markiert. Punkten konnte der Airport bei den Anlegern mit den Resultaten für 2015. «Wir schauen auf ein gutes und störungsfreies Geschäftsjahr zurück», freute sich CEO Stephan Widrig. Konkret steigerte der Flughafen Zürich den Überschuss unter Ausklammerung von Sondereffekten um 4,6 Prozent.

Die ordentliche Dividende für 2015 soll von 13.50 Franken auf 15.00 Franken angehoben werden. Darüber hinaus dürfen sich die Aktionäre auf eine Sonderzahlung von 16 Franken je Anteilsschein freuen. «Wir haben ein hohes Mass an finanzieller Sicherheit und wissen bezüglich Investitionen ziemlich genau, was uns erwartet», begründet Widrig die Spendierfreude. Für die kommenden Jahre stellt er weitere Zusatzdividenden in Aussicht. Schliesslich türmten sich per Ende 2015 Kapitalreserven von mehr als einer halben Milliarde Franken auf.

Der operative Start in das neue Jahr ist geglückt: Im Januar und Februar fertigte der Airport um 3,3 respektive 5,3 Prozent mehr Passagiere ab als im jeweiligen Vorjahresmonat. Auch der Frachtumschlag zog an. Ungeachtet dessen ist die Flughafen-Aktie nach ihrem jüngsten Höhenflug nicht mehr günstig. Beispielsweise liegt das Kurs-Gewinn-Verhältnis für 2017 bei 22,5. Damit zeigt das heimische Drehkreuz einen deutlichen Aufschlag zu den benachbarten Flughäfen in Frankfurt und Wien.


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