Verheerende Auswirkungen |
03.11.2022 22:04:00
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SNB-Chef Thomas Jordan geht von geringem Rezessionsrisiko aus - Warnung vor Stromausfällen
Hohe Inflationsraten, steigende Zinsen und die Angst vor einer Rezession bestimmen den Markt derzeit. Für Thomas Jordan, Präsident der Schweizerischen Notenbank, bringt die derzeitige Lage ebenfalls einige Herausforderungen mit sich.
• Inflation wurde unterschätzt
• Blackouts könnten schwerwiegende Folgen haben
Auch in der Schweiz befindet sich der Preisdruck auf einem erhöhten Niveau. Von Inflationsraten, wie man sie in der Eurozone oder in den USA beobachten kann, ist die Eidgenossenschaft aber weit entfernt. Erst kürzlich verabschiedete sich aber auch die Schweizerischer Nationalbank von ihren Negativzinsen, um steigenden Preisen Herr zu werden. Im Interview mit "BILANZ"-Chefredaktor Dirk Schütz äusserte sich SNBs Thomas Jordan nun kürzlich zum schwierigen wirtschaftlichen Umfeld und den Folgen eines möglichen Blackouts.
Inflation deutlich über SNB-Ziel
Jordan, der seit 2012 das Amt des Präsidenten der Schweizerischen Nationalbank bekleidet, hat derzeit mit dem höchsten Preisdruck seiner gesamten bisherigen Amtszeit zu kämpfen. "Die Inflation mit 3,3 Prozent im Moment ist deutlich zu hoch. Wir haben das Ziel, die Preisstabilität unter oder die Preise, die Inflation unter 2 Prozent zu haben", so der SNB-Leiter gegenüber Schütz. "Es ist gut erklärbar: Wir haben Energiepreise die weltweit sehr stark angestiegen sind, wir haben Lieferprobleme gehabt, wegen COVID, auch wegen dem Krieg in der Ukraine. Das hat alle Preise weltweit nach oben gedrückt."
Nun wolle man die Inflation mittelfristig wieder in den Bereich unter 2 Prozent senken, weswegen man eine Anpassung der Geldpolitk vorgenommen habe. "Wir haben einerseits die Zinsen angehoben, schon bereits in zwei Schritten. Wir sind nicht mehr in den negativen Zinsen, sondern jetzt leicht positiv. Und wir haben auch den Franken aufwerten lassen. Also beides Massnahmen, die dazu führen sollen, dass die Inflation in der Schweiz wieder Richtung 2 [Prozent] oder sogar darunter geht."
Abkehr von Negativzinsen
Mitte Juni erhöhte die SNB den Leitzins um 0,5 Prozentpunkte - die erste Anhebung seit 15 Jahren. Im September erfolgte dann bereits die nächste Aufstockung, diesmal um 0,75 Prozentpunkte auf 0,50 Prozent. Damit gehören Negativzinsen in der Schweiz der Vergangenheit an. Im Dezember 2014 drückte man die Zinssätze noch auf minus 0,25 Prozent, schon im Januar 2015 ging es dann auf minus 0,75 Prozent abwärts. Seitdem blieb das Zinsniveau stabil - bis zu diesem Jahr. Ein Ende der Straffung ist derzeit noch nicht in Sicht. So erklärte die SNB im September, dass gegebenenfalls "weitere Zinserhöhungen nötig sein werden, um die Preisstabilität in der mittleren Frist zu gewährleisten".
Stärkerer Franken fängt Inflation ab
Aber auch mithilfe des Frankens will man hohe Inflationsraten etwas schmälern. "Der Franken war vor nicht allzu langer Zeit 1,10, 1,05, jetzt sind wir in der Grössenordnung bei 95 [Rappen] gegenüber dem Euro", so Jordan weiter. "Auch die Inflation in der Eurozone ist deutlich höher und ein Exporteur kann natürlich seine Preise im Euroraum entsprechend erhöhen. Er bekommt dann etwas weniger für seine Euro über. Aber in Franken abgerechnet ist es dann mehr oder weniger das Gleiche. Und ich glaube das ist ein wichtiger Punkt: Es kommt nicht nur auf den nominalen Wechselkurs an, sondern auch auf den inflationsbereinigten realen Wechselkurs. Und dort waren die Schwankungen deutlich kleiner." Damit sei die Aufwertung des Franken einer der Hauptgründe, weswegen die Inflationsrate in der Schweiz deutlich unter dem Preisdruck in der Eurozone liege. Hätte man dies nicht getan, wäre die importierte Inflation in der Eidgenossenschaft erheblich höher ausgefallen, so Jordan.Sollte der Franken zu stark werden, werde man bei der SNB entsprechend intervenieren. Aber auch bei einem schwachen Kurs werden die Währungshüter Devisenanteile verkaufen, um die Nationalwährung zu stützen.
Zu langsame Reaktion auf Inflation
<> Auf Schütz‘ Frage, ob die SNB mit der Zinswende zu lange auf sich warten habe lassen, gestand Jordan Fehler ein, sieht aber auch andere Notenbanken im Verzug. "Man kann sicher sagen, weltweit wurde die Inflation unterschätzt", entgegnete der SNB-Chef. "Man muss aber sehen, man ist aus einer sehr speziellen Situation gekommen, man hat ja diese COVID-Rezession, der grösste Einbruch der wirtschaftlichen Aktivität seit dem Zweiten Weltkrieg weltweit. […] Man hatte Angst, dass diese Rezession bleibt und wenn man zu früh die Geldpolitik, die Fiskalpolitik normalisiert, dass man diese Erholung dann abwürgt." Als die Inflation dann, ausgelöst durch Lieferkettenprobleme und hohe Energiepreise ankam, ging man von einer "temporären Wirkung" aus, die sich mit der Zeit auflöse. Dass dies nicht der Realität entspreche, habe man mittlerweile aber einsehen müssen. Signale für steigende Inflationsraten habe man bei der SNB ausserdem bereits im vergangenen Jahr erkannt, und bereits die Möglichkeit diskutiert, den Franken aufzuwerten. "Sehr wahrscheinlich hat man zu lange gewartet", gab Jordan aber zu.Keine Rezession erwartet
Jordan zufolge dürften die hohen Preise und die steigenden Zinsen - zumindest in der Schweiz - aber nicht zu einer Rezession führen. "In unserem Basisszenario gehen wir nicht von einer Rezession aus, im Moment. Wir machen natürlich eine Risikoanalyse und die Risiken sind weitestgehend nach unten gerichtet", erklärte er weiter. Dennoch seien die Auswirkungen auf die Wirtschaft nicht zu unterschätzen: "Das Wachstum wird sich gegenüber diesem Jahr nach unserer Einschätzung deutlich verlangsamen", ist sich Jordan sicher. Dies bedeute zwar eine deutliche Eintrübung der Wirtschaft, zu einer Rezession soll es demnach aber trotzdem nicht kommen.
Warnung vor Blackouts
Hohe Unsicherheit bringe jedoch die Energiekrise mit sich. "Energie ist einmal sehr wichtig, weil es die Inflation nach oben treibt, es führt auch dazu, dass die Konsumentenstimmung im Moment wirklich in den Keller gerasselt ist", so Jordan. "Das ist die eine Seite, und die andere ist natürlich die ganze Versorgung der Wirtschaft mit Energie. Einmal ist es teuer und dann kommt noch das ganze Versorgungssystem dazu. Wenn es nicht genügend Energie hat, angefangen von Öl, Gas bis zum Strom, dann kann das verheerende Auswirkungen haben, die weit über das hinausgehen, dass es nur etwas teurer wird. Also Produktionsunterbrüche, recht starke Einbrüche dann beim Bruttoinlandprodukt und so weiter und so fort." Man stelle sich daher die Frage, wie die Schweizerische Nationalbank als wirtschaftliches Unternehmen betrieben werden könne, wenn es zu einer Stromknappheit komme, aber auch müsse man sich Gedanken machen, wie das Finanzsystem am Netz bleibe. Hier nannte Jordan besonders das Zahlungssystem, aber auch die Versorgung mit Bargeld als wichtige Faktoren. Auf diese Herausforderungen wolle man sich - soweit dies möglich ist - vorbereiten.
Redaktion finanzen.ch
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