Grab für Investorengelder |
08.06.2022 22:27:00
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Absturz eines Pennystock-Börsenstars: Relief Therapeutics-Aktie - Anleger haben sich verzockt
Ein Produktkandidat hat über Wohl und Wehe der Relief-Therapeutics-Aktie entschieden. Anleger, die auf den Hype-Zug aufgesprungen sind, wurden bitter enttäuscht - keine Besonderheit im Biotechsegment.
• Börsenwert steigt auf Milliardenhöhe an
• Fallhöhe bei Biotechaktien hoch
Den Biotechkonzern Relief Therapeutics hatten vor der COVID-19-Pandemie nur wenig internationale Anleger auf dem Schirm. Das Unternehmen, das bereits 2013 gegründet wurde, geriet erst im Jahr 2020 auf breiter Ebene in den Anlegerfokus, als einer der Wirkstoffe im Produktportfolio, ein Entzündungshemmer, als mögliches Corona-Medikament den Börsenwert massiv anstiegen liess. Von dem Kursplus ist inzwischen aber nichts mehr übrig.
Anleger verlieren die Geduld
Die Hoffnung auf Aviptadil, das von dem Schweizer Unternehmen als Produkt im Kampf gegen COVID-19 etabliert werden sollte, liess im Sommer 2020 viele Anleger auf grosse Gewinne hoffen. Und tatsächlich ging es für die Aktie von Relief Therapeutics in ebendiesem Jahr bis auf zeitweise 0,80 CHF nach oben, der Börsenwert des Biotech-Startups wurde innerhalb kürzester Zeit vervielfacht und Relief war an der Börse Milliarden wert.
Doch die Folgemonate brachten massive Probleme mit sich: Trotz andauernder Beteuerungen, die Studiendaten zum Medikament als Anwendung gegen COVID-19 seien ermutigend, kam es nicht zur Zulassung des Mittels. Ein Rechtsstreit mit dem Vertriebspartner NeuroPX belastete die ohnehin gereizte Anlegerstimmung zusätzlich: Die US-Amerikaner, die mit Relief einen Vertrag zur Entwicklung und Vermarktung der Corona-Hoffnung Aviptadil geschlossen hatten, wurde von den Schweizern wegen Verletzung des Kooperationspapiers verklagt. NeuroPX reagierte mit einer Gegenklage, in der Relief seinerseits eine Verletzung des Kooperationsvertrages sowie Verleumdung vorgeworfen wurde.
Konkret soll der US-amerikanische Vertriebspartner Daten aus klinischen Studien nicht an Relief weitergegeben haben, Relief soll unterdessen Schulden in Höhe von 4 Millionen US-Dollar bei dem Partnerunternehmen nicht beglichen haben. "Leider wurden viele dieser angeblichen Ausgaben nicht durch gültige, überprüfbare Rechnungen belegt, die belegen, dass diese Ausgaben im Rahmen des Kooperationsvertrags erstattungsfähig sind. Darüber hinaus herrscht Uneinigkeit zwischen den Parteien darüber, ob Ausgaben, die das im Kooperationsvertrag festgelegte Budget überschreiten, erstattungsfähig sind", hiess es in einer Mitteilung von NeuroPX.
Anleger reagierten verunsichert auf die Entwicklungen rund um Relief und insbesondere auf die Tatsache, dass das Unternehmen trotz grosser Erwartung mit der Zulassung für seine Corona-Hoffnung nicht voran kam. Die Relief-Aktie wurde in den Folgemonaten massiv abgestraft und sackte bis in den einstelligen Rappenbereich ab.
Erfolgshoffnung wird zum Albtraum für Anleger
Anleger, die sich noch nicht von ihren Relief-Aktien getrennt hatten, bekamen in der vergangenen Woche eine weitere Hiobsbotschaft: Das Datenüberwachungskomitee (DSMB, Data Safety Monitoring Board) der US-Behörde National Institutes of Health (NIH) hat empfohlen, die Studien um den Corona-Kandidaten Aviptadil einzustellen. Weitere Evaluationen seien aussichtslos, nachdem man bereits im April keinen Nutzen des Wirkstoffs nachweisen konnte, so Relief Therapeutics in einer Pressemitteilung. Die ohnehin bereits gebeutelte Aktie bekam einen weiteren Stoss und sackte um weitere 25 Prozent ab.
Biotech-Absturz keine Ausnahme
Investoren, die auf den nächsten grossen Hype in der Biotechbranche gehofft und eine ähnliche Erfolgsgeschichte wie bei BioNTech erwartet hatten, haben mit Relief aufs falsche Pferd gesetzt. Doch sie stehen damit nicht alleine da, die Biotechbranche hat in der Vergangenheit diverse Male Anlegergelder in grossen Umfang vernichtet.
Auch beim deutschen CureVac-Konzern wurde während der Corona-Pandemie ein Produktkandidat als grosser Hoffnungsträger ins Feld geführt. Hier war es Hoffnung auf einen COVID-19-Impfstoff, auf den Anleger viel Geld wetteten und der Aktie des Börsenneulings damit einen massiven Aufschwung beschwerten. Doch das Unternehmen zog seinen Impfstoffkandidaten CVnCoV im Herbst 2021 aus dem laufenden Zulassungsverfahren bei der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) zurück, was auch den bestehenden Vorvertrag mit der Europäischen Kommission ungültig machte. Der Grund für den Rückzug war eine vergleichsweise schwache Wirksamkeit des CureVac-Impfstoffes. Die CureVac-Aktie kostet aktuell nur etwas mehr als der Ausgabepreis der Aktien vor rund zwei Jahren.
Und auch am Schweizer Markt war Relief nicht der erste hochgelobte Biotechkandidat, der Anleger teuer zu stehen kam. Mit dem italienischen Biotechunternehmen Newron, das an der Schweizer Börse gehandelt wird, haben die Eidgenossen noch mindestens eine weitere wenig erfreuliche Börsenstory in ihren Annalen - hier wurde die Hoffnung auf ein Medikament gegen das Rett-Syndom zum Grab von Investorengeldern.
Redaktion finanzen.ch
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