Dennoch auf Kurs |
10.08.2023 17:58:00
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Munich Re-Aktie fester: Munich Re bestätigt Ausblick - Munich-Re-Chef kritisiert Politik und Bürokratie
Der weltgrösste Rückversicherer Munich Re wird angesichts des Gewinns aus dem ersten Halbjahr und höherer Preise etwas zuversichtlicher für 2023.
Obwohl die Munich Re im zweiten Quartal weniger verdiente als von Analysten im Schnitt erwartet, wurden die Neuigkeiten an der Börse positiv aufgenommen. Die Munich Re-Aktie stieg via XETRA letztendlich 2,41 Prozent auf 353,40 Euro. Damit rangierte sie aber noch hinter den Aktien der kleineren Konkurrentin Hannover Rück und der Münchner Nachbarin Allianz, die mit Kursgewinnen von mehr als vier Prozent den DAX anführen. Seit dem Jahreswechsel hat das Munich-Re-Papier allerdings stärker zugelegt als die beiden anderen.
Unterdessen wittert Konzernchef Wenning eine länger anhaltende Phase steigender Preise für Rückversicherungsschutz. So habe das Prämienniveau in der Schaden- und Unfall-Rückversicherung zuletzt noch etwas stärker angezogen als zuvor.
Bei der jüngsten Vertragserneuerung zum 1. Juli setzte die Munich Re bei ihren Kunden - also Erstversicherern wie Allianz und AXA - knapp fünf Prozent höhere Preise durch. Dabei sind veränderte Risiken bereits herausgerechnet. Nicht alle Kunden machten bei den Preiserhöhungen mit - und die Munich Re wollte nicht nachgeben. Dadurch sank das erneuerte Geschäftsvolumen des Konzerns um knapp zwei Prozent.
Nach Wennings Einschätzung dürfte Rückversicherungsschutz gegen die Folgen von Naturkatastrophen auch in den kommenden Jahren nicht billiger werden. So hätten sich die durch den Klimawandel verursachten Schäden in den vergangenen Jahren verdoppelt, egal ob es um aufsehenerregende Katastrophen wie Hurrikane oder kleinere Ereignisse gehe. "Dieser Trend verändert sich nicht", sagte der Munich-Re-Chef. Daher wisse er nicht, warum die Preise in diesem Segment wieder sinken sollten. Für die Munich Re sei deshalb jetzt die Zeit, dieses Geschäft auszubauen. "Und entsprechend ergreifen wir unsere Chancen."
In anderen Geschäftsfeldern der Rückversicherung rechnet Wenning zwar irgendwann wieder mit einer Trendumkehr bei den Preisen. Die Munich Re werde aber "weiter liefern", sagte er. Sein Ziel seien stetig steigende Erträge.
Im ersten Halbjahr verdiente die Munich Re unter dem Strich rund 2,4 Milliarden Euro. Das sind zwar 21 Prozent weniger als ein Jahr zuvor, aber deutlich mehr als die Hälfte des für 2023 angepeilten Jahresgewinns. So hatte der Rückversicherer diesmal höhere Grossschäden zu schultern, zudem verkaufte er zuletzt bewusst festverzinsliche Wertpapiere mit Verlust, die wegen des allgemein gestiegenen Zinsniveaus an Wert verloren hatten.
Im zweiten Quartal erwirtschaftete die Munich Re konzernweit einen Versicherungsumsatz von 14,2 Milliarden Euro, knapp drei Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Seit diesem Jahr berechnen die Munich Re und andere grosse Versicherer ihre Geschäftszahlen erstmalig nach den neuen Rechnungslegungsstandards IFRS 17 und IFRS 9. Der Versicherungsumsatz ersetzt dabei die bisherigen Prämieneinnahmen. Die Vorjahreswerte wurden entsprechend angepasst.
Unter dem Strich verdiente die Munich Re im zweiten Quartal 1,15 Milliarden Euro und damit 27 Prozent weniger als ein Jahr zuvor. Während die Erstversicherungstochter Ergo kräftig zulegte, sackte der Gewinn der Rückversicherungssparte auch wegen Belastungen aus dem Verkauf von niedrigverzinsten Anleihen deutlich nach unten und verfehlte die durchschnittlichen Erwartungen von Branchenexperten.
Aus Sicht von Kamran Hossain von der US-Bank JPMorgan hat die Munich Re jedoch nur auf den ersten Blick schwächer abgeschnitten als gedacht. Die Details zeigten ein deutlich positiveres Bild, schrieb er am Morgen. Laut seinem Kollegen Philip Kett vom Analysehaus Jefferies fiel der operative Gewinn der Schaden- und Unfall-Rückversicherung zwar deutlich niedriger aus als am Markt erwartet. Die Lebens- und Kranken-Rückversicherung habe hingegen mehr abgeworfen als gedacht. Besonders lobte er die Solvenzquote des Konzerns, die mit 273 Prozent Ende Juni 13 Prozentpunkte höher lag als zum Jahreswechsel.
Munich-Re-Chef kritisiert Politik und Bürokratie: 'nur Ärger'
Der weltgrösste Rückversicherer Munich Re warnt die Bundesregierung in Abkehr von der üblichen politischen Zurückhaltung vor einem Niedergang Deutschlands. Wettbewerbsvorteile Deutschlands seien immer Stabilität, niedrige Inflation, niedrige Verschuldung, Sicherheit, Schulen, Bildungsniveau, Verwaltung, Spitzentechnologie und funktionierender öffentlicher Verkehr gewesen, sagte Vorstandschef Joachim Wenning am Donnerstag. "An vielen dieser Fronten hat Deutschland in den letzten 20 Jahren stark eingebüsst. Als Folge fliessen Investitionen und damit verbundene Wohlfahrt der Zukunft ins Ausland."
An die Adresse von Bund und EU gleichermassen gerichtet, beklagte Wenning Bürokratie und Berichtspflichten. "Das ist rausgeschmissenes Geld", sagte er. "Das bringt dem Kunden nichts, das bringt dem Aktionär nichts, es bringt der Öffentlichkeit nichts, es bringt dem Fiskus nichts, es bringt nur Ärger." Als ein Beispiel nannte der Manager die doppelte Bilanzierung nach deutschem Handelsgesetzbuch und dem internationalem IFRS17-Standard.
Unverblümte Kritik aus der Chefetage eines DAX-Konzerns an der Politik ist unüblich, insbesondere in der zurückhaltenden Versicherungsbranche.
FRANKFURT (Dow Jones) / MÜNCHEN (awp international)
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