Eskalation |
14.03.2024 23:18:00
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Nach Eklat in Telefonkonferenz: Wie Swatch-CEO Nick Hayek die Anleger vergrault
Ende Januar stellte der Uhrenmacher Swatch seine Ergebnisse zum Geschäftsjahr 2023 vor. Im anschliessenden Earnings Call schmetterte CEO Nick Hayek Kritik von Anlegern und Analysten jedoch ab - und vergriff sich deutlich im Ton.
• Anleger enttäuscht
• Swatch-Aktie unter Druck
Swatch von Nick Hayek und Familie bewegt
Nick Hayek, CEO des Schweizer Uhrenherstellers Swatch, ist dem Traditionsunternehmen bereits seit 1992 zugehörig. Seit 2003 ist der Unternehmer Präsident der Konzernleitung, nachdem er das Amt von seinem Vater Nicolas Hayek Sr. übernahm. Dieser rief das Unternehmen 1983 mit einer Fusion der beiden Uhrenhersteller ASUAG und der SSIH ins Leben, damals noch unter dem Namen SMH. Erst seit 1998 ist der Konzern als Swatch Group bekannt.
Seit 2020 sitzt Hayek Jr. ausserdem im Verwaltungsrat. Seine Schwester Nayla hat die Position der Präsidentin des Verwaltungsrates inne. Ihr Sohn Marc Alexander Hayek leitet derweil die Uhrenmanufaktur Blancpain, die zur Swatch Group gehört. Auch nach dem Tod des Swatch-Gründers im Jahr 2010 sind die Hayeks also nach wie vor stark im Unternehmen vertreten. Der Führungsstil des jetzigen Konzernlenkers gefällt jedoch nicht jedem, wie die Zahlenvorlage zum Gesamtjahr offenbarte.
Bilanz für Geschäftsjahr 2023
So öffnete Swatch Ende Januar die Bücher zum abgelaufenen Geschäftsjahr: 2023 stieg der Umsatz um 5,2 Prozent auf 7,89 Milliarden Franken, das EBIT fiel mit 1,19 Milliarden Franken um 2,8 Prozent höher aus. Beim Reingewinn legte Swatch derweil um 8,1 Prozent auf 890 Millionen Franken zu, was die Anhebung der Dividende auf 6,50 Franken je Inhaberaktie zur Folge hatte. Durch Währungseinbussen vermeldete Swatch jedoch einen Umsatzverlust von mehr als einer halbe Milliarde Franken. Gleichzeitig baute man 2023 die Produktionskapazitäten aus und schuf 1'500 neue Arbeitsplätze, von denen 800 in der Schweiz entstanden, die sich als Standort durch hohe Personalkosten auszeichnet.
Anschliessend lud die Geschäftsführung zur Telefonkonferenz, in der sie Analysten und Anlegern Rede und Antwort stand - so zumindest der Plan. Auf Rückfragen zu den Entscheidungen der Konzernführung reagierte Hayek nämlich alles andere als angetan.
"Ich bin Unternehmer, nicht Investor."
So stellten die Teilnehmer des Earnings Calls etwa in Frage, warum Swatch die bereits grossen Lagergebäude weiter ausbaue und weshalb das Unternehmen Immobilien im Wert von 340 Millionen Franken erstand, gleichzeitig aber nur 15 Prozent der Nettoliquidität als Dividende ausschütte. Daraufhin habe Hayek entgegnet, dass er dies tue, weil er es könne, so "Inside Paradeplatz". Auch gingen dem CEO Aktionäre und Analysten am Allerwertesten vorbei, wie er ergänzt haben soll. Während der hohe Bargeldbestand, die aufgebauten Lagermöglichkeiten und das Immobilien-Portfolio des Konzerns unter Aktionären und Strategen also für Kopfschütteln sorgten, sieht Hayek diese Faktoren als Stärke. "Ich habe eine industrielle Sicht, keine Investorensicht", so der Konzernlenker laut der "Neuen Zürcher Zeitung" weiter. "Ich bin Unternehmer, nicht Investor." Und weiter: "Schon mein Vater war so. Er war Unternehmer, ich bin Unternehmer. Das ist unser Geist […] Wer als Investor frustriert ist, kann woanders hingehen."
Swatch-Aktionäre "irrelevant"
Doch damit nicht genug: So bewies Hayek, dass er keinen Spielraum für Diskussionen akzeptiert, nachdem Michael Niedzielski, Fondsmanager und Chief Investment Officer von ROCE Capital aus Paris, den schwächelnden Aktienkurs der Swatch-Titel bemängelte. Nicht nur sei er aufgrund der mangelnden Kursperformance frustriert, auch "der Mehrheit der Aktionäre" gehe es ähnlich, zitiert die NZZ den langjährigen Swatch-Aktionär. Auch kritisierte Niedzielski, dass sich das Unternehmen nicht ausreichend um seine Geldgeber kümmere. "Die grössten Aktionäre der Swatch Group sind meine Familie und ich. Wir sind nicht frustriert", entgegnete Hayek. "Sie dagegen sind irrelevant. Es steht Ihnen frei, Ihre Aktien zu verkaufen."
Fehlende Investorenfreundlichkeit
Laut der NZZ äusserten sich Anleger im Anschluss besorgt über die Aussagen des Swatch-Chefs. "Was andere Investoren denken, interessiert Hayek nicht, weil diese für die Swatch Group keinen Wert generieren würden", zitiert das Blatt ZKB-Analyst Patrik Schwendimann, der der Konferenz beiwohnte. "Diese leider krass fehlende Investorenfreundlichkeit besteht bereits seit langem und ist unseres Erachtens neben der schwächeren Umsatzentwicklung in den mittleren Preissegmenten in den vergangenen Jahren der Hauptgrund für die tiefe Bewertung der Swatch Group." Ein anderer Teilnehmer ergänzte: "So etwas habe ich in zwanzig Jahren als Analyst noch nie erlebt."
Swatch rechtfertigt CEO-Aussagen
Gegenüber der Nachrichtenagentur "Bloomberg" versuchte das Unternehmen sich nach der desaströsen Telefonkonferenz für das Verhalten seines CEOs zu rechtfertigen. So entgegnete ein Sprecher, dass Aktionäre häufig nur am kurzfristigen Erfolg eines Unternehmens interessiert seien und sich bei Herausforderungen aus dem Engagement zurückziehen würden. "Das Hauptproblem besteht darin, dass die meisten Analysten und Investoren nur für sich selbst an privilegierte Insider- und vertrauliche Informationen gelangen wollen", hieß es von Seiten des Unternehmens. "Das ist für uns ein absolutes No-Go."
Swatch-Aktie abgestraft
Nicht nur bei den Analysten, auch bei den Anlegern kamen weder die Zahlen zum Geschäftsjahr 2023, noch die Aussagen von Chef Hayek gut an: Bis zum Handelsende am Tag der Zahlenvorlage verloren die Namensaktien des Uhrenherstellers 4,56 Prozent auf 203,20 Franken. Auch die Inhaberaktien standen unter Druck. Zwar konnten sich die Papiere seitdem wieder etwas erholen, auf 52-Wochen-Sicht steht dennoch ein Minus von 33,83 Prozent an der Kurstafel. Zuletzt kosteten die Swatch-Aktien im Schweizer Handel noch 209,20 Franken (Schlusskurs vom 13. März 2023).
Für Hayek dürfte dieser Verlauf jedoch - angesichts der Eskalation im Earnings Call - einen geringen Stellenwert einnehmen, wie die "Handelszeitung" schreibt. "So missmutig die Börse die Swatch Group beurteilt, so frohgemut steuert Hayek Richtung Zukunft", so das Wirtschaftsblatt. Dass er damit die bereits angespannte Stimmung zwischen sich und den Aktionären verschlechtert, scheint anhand gestiegener Umsätze und Gewinne wohl nicht im Fokus zu stehen.
Redaktion finanzen.ch
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