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23.08.2023 23:10:00
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Nach heftiger Empörung: Zoom rudert bei Datennutzung für KI-Training zurück
Vor Kurzem geriet der Videokommunikationsanbieter Zoom aufgrund einer Änderung seiner Nutzungsbedingungen zur Verwendung von Kundendaten zum Training seiner KI-Modelle unter grossen öffentlichen Druck. Nach einem Erklärungsversuch auf dem eigenen Blog, rudert Zoom nun jedoch vollständig zurück.
• Stellungnahme des Unternehmens kann Wogen nicht glätten
• Zoom unternimmt 180-Grad-Wendung in Sachen Datennutzung zum KI-Training
Der Videokonferenz-Dienst Zoom hat vor Kurzem aufgrund einer Änderung seiner Nutzungsbedingungen grosse öffentliche Empörung ausgelöst, die auch den Kurs der Zoom-Aktie an der NASDAQ deutlich belastete.
Zoom ändert AGB - und gerät unter grssen Druck
So informierte Zoom in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen darüber, dass der Videodienst zahlreiche Nutzerdaten sammle und diese unter anderem als Trainingsmaterial seiner künstlichen Intelligenz nutze. Geändert wurden die Nutzungsbedingungen dahingehend bereits im März 2023. Erst Monate später waren die geänderten, betroffenen Passagen jedoch durch einen Artikel von Stack Diary, der weithin über verschiedene Medien-Outlets und die Sozialen Medien schnell verbreitet wurde, an die Öffentlichkeit geraten und hatten zu allgemeiner Entrüstung geführt.
Konkret hiess es in den geänderten Geschäftsbedingungen in einem Abschnitt, Zoom behalte sich das Recht vor, alle "Telemetriedaten, Produktnutzungsdaten, Diagnosedaten und ähnliche Inhalte oder Daten, die Zoom in Verbindung mit Ihrer Nutzung bzw. der Nutzung der Dienste oder Software durch Ihre Endbenutzer erhebt oder generiert", für beliebige Zwecke nutzen zu wollen, wie Netzpolitik in einem Artikel zitiert. Eins der obersten Ziele in diesem Zusammenhang - das Training der eigenen künstlichen Intelligenz von Zoom, was der Video-Dienstleister in den AGB explizit aufzählt. Darüber hinaus würden die Nutzer-Rechte unbefristet und weltweit mit Bestätigung der Geschäftsbedingungen abgegeben.
KI-basierte Funktionen als Ursache der Nutzungsänderungen
Hintergrund dieser weitreichenden Änderung der Nutzungsbedingungen sind einige KI-basierte Funktionen, die Zoom vor einigen Monaten erstmals lancierte. So bietet das Unternehmen mittlerweile Zoom IQ Meeting-Zusammenfassungen und das Verfassen von Team-Chat-Nachrichten mit Zoom IQ an. Beim Aktivieren dieser neuen Funktionen durch den Zoom-Admin bzw. Kontonutzer, der das Zoom-Meeting leitet, wurde jedoch auch die Option zum "Teilen der Nutzerdaten" werksseitig mit aktiviert. Es ist zwar möglich, diese Option auszustellen, dafür muss der bereits gesetzte Haken aus dem zugehörigen Kästchen jedoch manuell herausgenommen werden. Wird dies vergessen, übersehen oder schlicht als nicht relevant erkannt, wird damit die Einwilligung für alle Meeting-Teilnehmer zur Datennutzung für Zooms beliebige Zwecke gegeben.
Zoom versucht durch Stellungnahme Wogen zu glätten - erfolglos
Die Empörungswelle, welche durch die geänderten AGB ausgelöst wurde, veranlasste Zoom sogleich eine Erklärung auf dem unternehmenseigenen Blog zu veröffentlichen. Hierin stellte das Unternehmen noch einmal heraus, "dass wir Kundeninhalte wie Audio-, Video- oder Chatdateien nur dann zum Trainieren von KI-Modellen verwenden, wenn Sie damit einverstanden sind". Auch der betroffene Abschnitt der Nutzungsbedingungen sei dahingehend aktualisiert worden. Darüber hinaus stellte Zoom noch einmal klar: "Was künstliche Intelligenz anbelangt, so verwenden wir Audio-, Video- oder Chat-Inhalte nur dann zum Trainieren unserer Modelle, wenn der Kunde damit einverstanden ist."
Trotz der Schadensbegrenzung Zooms wurden die im Blog genannten Erklärungen von zahlreichen Nutzern weiterhin als unzureichend angesehen. Insbesondere wurde Kritik an der Tatsache geübt, dass lediglich Administratoren bzw. die Zoom-Kontoinhaber, die das Meeting leiten, über die Datennutzung entscheiden dürften. Alle anderen Meeting-Teilnehmer würden lediglich darüber informiert, dass KI-betriebene Funktionen genutzt würden. Ihnen bliebe dann nur noch die Möglichkeit, das Meeting zu verlassen, wenn sie dies nicht unterstützen wollen - eine kaum praktikable Lösung, wenn im Rahmen der Arbeit Zoom-Meetings täglich an der Tagesordnung sind. Eine Wahl sieht, wie es TechCrunch-Autorin Natasha Lomas in ihrer ausführlichen Analyse der geänderten AGB zusammenfasst, anders aus. Auch Damien Williams von Wired ist überzeugt: "Erzwungene Einwilligung ist überhaupt keine Einwilligung", wie ihn Salon.com zitiert.
180-Grad-Wendung Zooms
Wenige Tage nach dem Aufruhr und dem folgenden Erklärungsversuch Zooms, hat das Unternehmen nun jedoch eine 180-Grad-Wendung vollzogen. So hat der Videokonferenz-Anbieter seine Geschäftsbedingungen ein weiteres Mal aktualisiert. So heisst es mittlerweile, Zoom wird überhaupt keine Nutzerdaten einsetzen, um seine generativen KI-Modelle zu trainieren, wie Variety schreibt. Konkret heisst es in dem veröffentlichten Statement Zooms: "Nach dem Feedback zu den kürzlich aktualisierten Nutzungsbedingungen von Zoom, insbesondere im Zusammenhang mit unseren neuen generativen künstlichen Intelligenzfunktionen, hat Zoom die Nutzungsbedingungen […] aktualisiert, um klarzustellen, dass Zoom keine Ihrer Audio-, Video- und Chatdaten, Bildschirmfreigaben, Anhänge oder andere Kommunikationen wie Kundeninhalte (wie Umfrageergebnisse, Whiteboards und Reaktionen) verwendet, um die Modelle der künstlichen Intelligenz von Zoom oder Drittanbietern zu trainieren."
Rechtliche Bedenken
Mit dieser Änderung dürfte sich Zoom auch rechtlich gesehen nun auf etwas weniger wackligem Terrain als nach den ersten Änderungen der Allgemeinen Geschäftsbedingungen bewegen. Wie TechCrunch-Autorin Lomas rigoros in einem Artikel analysiert, würden in der Europäischen Union noch einmal andere Gesetze zum Schutz der Privatsphäre als in den USA gelten. So gibt die Allgemeine Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) rigoros vor, über welche Rechte jemand verfügt, dessen Daten verarbeitet werden. Hinzu kommt die ePrivacy-Verordnung der EU, die ebenfalls einen Gesetzesrahmen für elektronische Kommunikation vorgibt. Schon allein die Tatsache, dass die Option "Teilen von Nutzerdaten" beim Aktivieren der neuen KI-Funktionen werksseitig ausgewählt ist und manuell abgewählt werden muss, stellt einen Verstoss dar.
Ob die Änderungen der Allgemeinen Geschäftsbedingungen Zooms noch ein rechtliches Nachspiel haben, bleibt abzuwarten. Dennoch ist es laut Alex Ivanos, der mit seinem Artikel bei Stack Diary erst auf die Problematik aufmerksam gemacht hat, äusserst bedenklich, dass eine solche Änderung überhaupt erst durchgesetzt werden konnte: "Es ist eine deutliche Erinnerung für jede Marke und jedes Unternehmen, das plant, sein Produkt mit KI durch die Nutzung eigener Kundeninhalte weiterzuentwickeln."
Redaktion finanzen.ch
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