Sinkende Gewinne |
07.04.2020 21:29:00
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Schweizer Konzerne in der Corona-Krise: Sind jetzt die Dividenden in Gefahr?
Die Corona-Krise und die eingeleiteten Schutzmassnahmen bedrohen aktuell die Gewinne vieler Schweizer Konzerne. Je nach Rezessionsszenario könnte es nun sogar zu einer Welle an Dividendenkürzungen kommen.
• UBS zahlt trotz Drohung der Behörden
• Dividenden-Titel bleiben weiter attraktiv
Die grassierende Corona-Pandemie könnte für viele Anleger dramatische Auswirkungen mit sich bringen. Dabei sind nicht nur die sinkenden Einnahmen der Konzerne bzw. die gefallenen Aktienkurse ein grosses Problem, sondern auch der immer restriktiver werdende Umgang mit Gewinnausschüttungen.
Aufsichtsbehörden ziehen die Schrauben an
Die Bankenaufseher der Europäischen Zentralbank in Frankfurt forderten vergangene Woche alle europäischen Geldinstitute, die eine Dividendenzahlung für das Geschäftsjahr 2019 geplant haben, auf, von diesen Plänen unmittelbar Abstand zu nehmen. Diese Ausschüttungssperre soll zu einer zusätzlichen Flexibilität der Institute in der Corona-Krise führen. Dementsprechend forderte auch der Direktor der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (Finma), Mark Branson, alle Schweizer Banken zu Achtsamkeit bei den Gewinnausschüttungen auf.
Da diese Aufforderung in den Schweizer Grossbanken jedoch nur sehr wenig Gehör gefunden hat, beschloss die Finma nun, allen Banken, die diesem Warnruf nicht Folge leisten, einen Teil der Kapitalerleichterungen, die im Zusammenhang mit der Pandemie bereitgestellt werden, zu entziehen.
Finma möchte Ausschüttungen stoppen
Entsprechend dieser Drohung der Finma müssen die Aktionäre der Schweizer Grossbanken nun damit rechnen, dass die Gewinnausschüttungen von Vontobel, Credit Suisse und Julius Bär verschoben oder sogar ganz gestrichen werden. Die grösste Schweizer Bank, die UBS, hat in diesem Zusammenhang jedoch schon verkündet - trotz der drohenden Sanktionen - weiterhin eine Dividende auszuschütten. Da die Behörde, solange die Banken alle Kapitalvorschriften erfüllen, die Ausschüttungen nicht verbieten kann, ist es aber gut möglich, dass sich auch noch andere Institute über die Empfehlung der Finma hinwegsetzen. So sagte beispielsweise der Bankenspezialist Andreas Venditti von Vontobel: "Ich gehe im Moment davon aus, dass die bereits angekündigten Dividenden auch ausgeschüttet werden".
Aufgelöste Rückkaufprogramme, Dividendenkürzungen und…
Jüngste Unternehmensmeldungen zeigen jedoch, dass nicht nur die Anteilseigner der Banken um ihre Ausschüttungen bangen müssen. So hat beispielsweise der Flughafen Zürich seine für den 16. April geplante Generalversammlung abgesagt und angekündigt, dass die Anträge an die GV angepasst werden müssen. Dies dürfte höchstwahrscheinlich auch die Gewinnausschüttung für das Jahr 2019 betreffen.
Ausserdem verkündete der Verwaltungsrat des Maschinenherstellers und Anlagenbauers Mikron, dass die Dividende massiv gekürzt werden muss. Aus einer geplanten Gewinnausschüttung in Höhe von insgesamt 3,3 Millionen Franken werden nun nur noch einen Million Franken. Jedoch werden jetzt nicht nur Dividendenzahlungen zusammengestrichen, sondern auch Aktienrückkaufprogramme. So hat der Hörgerätehersteller Sonova unlängst angekündigt, sein geplantes Rückkaufprogramm in Höhe von 1,5 Milliarden Franken unverzüglich auszusetzen.
Dass Dividendenkürzungen und gestrichene Aktienrückkaufprogramme ein sehr heikles Thema sind und häufig mit einem massiven Abverkauf abgestraft werden, weiss auch Thomas Härter, der Anlagechef des Vermögensverwalters Aquila. "Das ist immer ein sehr schlechtes Signal, das vom Markt oft nicht goutiert wird", so der Experte in Bezug auf derartige Schritte.
…Dividendenstreichungen häufen sich
Während einige Schweizer Konzerne "nur" eine Dividendenkürzung vermelden, müssen andere die komplette Ausschüttung streichen. So haben auch die Firmenchefs des Handelskonzerns Valora und der Hotel- und Spitalgruppe AEVIS VICTORIA nun deutlich gemacht, dass es für das Geschäftsjahr 2019 keine Gewinnausschüttung gegeben wird. Der Kioskbetreiber Valora regiert somit auf die massiven Umsatzausfälle, die sich aufgrund der Einschränkungen durch die Pandemie ergebene haben.
Nachvollziehbare Vorsichtsmassnahmen
Da üppige Gewinnausschüttungen bei den meisten Schweizer Unternehmen eine sehr hohe Priorität haben, können Aktionäre getrost davon ausgehen, dass viele Firmen nach der Krise ihre Dividenden wieder vollumfänglich auszahlen werden. Denn der Ruf, ein guter Dividendenzahler zu sein, hat über die Jahre einen hohen Stellenwert bekommen. "Kürzungen oder gar der Ausfall von Dividenden [sind] zum jetzigen Zeitpunkt eine Vorsichtsmassnahme", so die Einschätzung von Philipp Lienhardt, der Leiter der Aktienanalyse bei Julius Bär.
Dividenden-Titel bleiben weiter attraktiv
Welche Konzerne ihre geplanten Ausschüttungen in den kommenden Tagen noch nach unten korrigieren müssen, ist aufgrund der aktuellen Lage nur schwer vorhersagbar. Im Falle einer schweren Rezession ist es jedoch wahrscheinlich, dass noch weitere Unternehmen von ihren planmässigen Dividendenauszahlungen abweichen werden. Doch selbst wenn die durchschnittliche Dividendenrendite der 20 SMI-Konzerne im laufenden Jahr unter die drei Prozent Marke fallen sollte, spricht dies noch lange nicht gegen Aktien. Denn aufgrund der anhaltenden Null- und Negativzinsphase bleiben die Anteilsscheine von soliden Unternehmen weiterhin eine sehr lukrative Anlage.
Pierre Bonnet / finanzen.ch
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