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Experten-Kolumne 09.08.2022 16:36:00

Krankenversicherer setzen auf Kundenbindung

Krankenversicherer setzen auf Kundenbindung

Krankenversicherer bauen ihr Produktangebot immer mehr aus - auch in den Nicht-Gesundheitsbereich. Die Kunden profitieren von erweiterten Dienstleistungen aus einer Hand, aber der Wettbewerb bleibt auf der Strecke.

Im hart umkämpften Krankenversicherungsmarkt hat sich der Fokus der Versicherer von der Neukundengewinnung auf die Kundenbindung verschoben. Sie wollen die Kundenbetreuung verbessern, die Versicherten enger an sich binden und somit Abgänge im Kundenbestand verhindern - dies auch vor dem Hintergrund der für das nächste Jahr anstehenden markanten Prämienerhöhungen.

Die seit dem 1. Januar 2021 gültige Branchenvereinbarung der Krankenversicherer für die Vermittler (BVV) hat gezeigt, dass die Obergrenzen für die Entschädigung externer Vermittler zu niedrig sind. Sie können unter den neuen Richtlinien nicht mehr rentabel arbeiten, und die Deckelung der Provisionen führt zu einer Verlagerung der Versicherungsvermittlung in den teureren, internen Vertrieb, der von der BVV nicht betroffen ist. Inzwischen wurde aber auch klar, dass der Eigenvertrieb der Krankenversicherer nicht genügend umsatzstark ist, weshalb sie ihre Bestandespflege verstärken und bessere Systeme und Methoden der Kundenbindung (Retention-Management) aufbauen.

Lifestyle oder Wettbewerb?

Grundsätzlich haben Krankenversicherer ein grosses Interesse am Abschluss und der Betreuung von obligatorischen Krankenpflegeversicherungen (OKP). Sie können diese Grundversicherungen durch Zusatzversicherungen ergänzen und somit das Prämienvolumen erhöhen. Immer beliebter werden Zusatzversicherungen, die auch «Lifestyle-Produkte» enthalten, wie zum Beispiel Completa Extra von Helsana oder Completa Top/Praeventa von Swica. Solche Angebote schliessen spezielle Behandlungsformen und komplementäre Therapien, Fitnessabos, Beiträge an die Dentalhygiene, Stillgeld oder auch temporäre Haushalthilfen ein.

Viele Kundinnen und Kunden schätzen diese Dienstleistungen. Die von der Branchenvereinbarung hervorgerufene Verdrängung der externen Vermittler, der Ausbau des eigenen Aussendienstes und das zwecks Kundenbindung erweiterte Angebot an Zusatzversicherungen finden allerdings auf Kosten des Wettbewerbs statt.

Mit zusätzlichen Produkten das Prämienvolumen steigern

Krankenversicherer binden auch immer mehr Produkte in ihr Angebot ein, die nichts mit der klassischen Gesundheitsvorsorge zu tun haben. Sie haben in diesem Bereich eine gute Ausgangslage und können damit Kundinnen und Kunden enger an sich binden und zugleich das Prämienvolumen - auch für die Vermittler - steigern.

Die Versicherten sind bereit, solche Deckungen zu integrieren, da sie dadurch nur noch einen Ansprechpartner haben und die Prämien auch monatlich bezahlen können, was bei Privatversicherern wegen der oft geringen Prämienhöhe kaum möglich ist. Rechtsschutz- und Reiseversicherungen sind im Angebot der Krankenversicherer bereits Standard, immer häufiger kommen auch Hausrat-, Haftpflicht- und Lebensversicherungen dazu.

Bei Fahrzeugversicherungen ist die Preisgestaltung der Prämien komplizierter. Aber auch dort gibt es bereits White Label-Lösungen, das heisst von Privatversicherern entwickelte Softwareprodukte, die Krankenkassen unter ihrem eigenen Namen anbieten. Nicht zuletzt können traditionelle Krankenversicherer mit diesen Produkten eine echte Konkurrenz zu den Privatversicherungsgesellschaften aufbauen.

Digitale Kundenbindung auf dem Vormarsch

Ein weiteres wirkungsvolles Mittel zur Kundenbindung sind auch benutzerfreundliche Apps und andere digitale Dienstleistungen. Sie werden heute von den Kundinnen und Kunden verlangt, da sie rund um die Uhr den schnellen Zugang zu den eigenen Versicherungsprodukten und Kundendaten sowie eine unkomplizierte Rechnungsabwicklung ermöglichen. Einfache Anliegen können digital geregelt werden, was vor allem im Leistungsfall für viele Kunden eine grosse Erleichterung ist.

Die verstärkte Fokussierung auf die Kundenbindung und die Integration neuer Versicherungsprodukte bringt den Versicherten also klare Vorteile. Es darf jedoch nicht vergessen werden, dass diese Entwicklung auch dazu führt, dass eine proaktive und neutrale Beratung, wie sie von externen Vermittlern geleistet wird respektive wurde, immer mehr verschwindet. Das ist problematisch, da Kunden nur durch unabhängige Beratung Zugang zu allen möglichen Versicherungslösungen erhalten.

Autor: Stephan Wirz, Mitglied der Geschäftsleitung der Maklerzentrum Schweiz AG

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