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Expertenkolumne 08.04.2025 10:45:29

Schaden sich die USA selbst am meisten?

Schaden sich die USA selbst am meisten?

"Wenn die US-Zölle so hoch bleiben, wie sie jetzt sind, könnten sich sowohl die USA als auch der Euroraum einer Rezession gegenübersehen."

Liberation-Day-Zölle: Die Fed in Teufels Küche

"Wenn nach dem "Tag der Befreiung" nicht eine schnelle Lösung gefunden wird, könnten die Kaufkraft der Verbraucher, die Gewinnmargen der Unternehmen und damit auch die Investitionen so stark zurückgehen, dass sich die USA in der zweiten Jahreshälfte mit einer Rezession konfrontiert sehen."

"Im Falle einer Rezession hängt es vor allem von der Bereitschaft der Fed ab, diesen Schock abzufedern."

"Eine Abschwächung der Arbeitsmarktdynamik dürfte inflationshemmend wirken. Die Fed wird also erst dann mit Zinssenkungen fortfahren, wenn sie eine solche Abschwächung erkennt. Möglicherweise muss sie darauf aber nicht mehr allzu lange warten."

"Wir haben kaum Zweifel daran, dass die Fed bei klaren Anzeichen für eine Verschlechterung der Arbeitsmarktlage ihren Zinssenkungszyklus wieder aufnimmt, aber aus unserer Sicht wird sich die Expansion in Grenzen halten."

"Die Zentralbank muss glaubwürdig bleiben, und die Fed-Vertreter werden das Risiko einer Überreaktion sehr ernst nehmen. Dann könnte es zu einem direkten Konflikt zwischen dem Weissen Haus und der Zentralbank kommen."

Zölle treffen auch Europa schwer, aber EZB hat mehr Spielraum, die Wirtschaft zu stützen

"Die Nachfrage aus den USA wird zurückgehen - sowohl als direkte Folge der Zölle als auch durch die mögliche US-Rezession - und europäische Exporte belasten. Verstärkt wird dieser Effekt durch die anhaltende Aufwertung des Euro."

"Vielleicht fällt der Schock in Europa weniger gravierend aus als in den USA, aber die Euroraumwirtschaft war schon vor dem "Tag der Befreiung" schwach, und die zusätzliche Belastung des Exports und des Vertrauens könnte auch hier gegen Ende des Jahres eine Rezession aufziehen lassen."

"Die EZB hat mehr Spielraum für eine Lockerung, weil die Inflation weiter zurückgeht."

Gegenmassnahmen: Direkte Vergeltung oder für die Hinterhand?

"Aus unserer Sicht spricht viel dafür, Gegenmassnahmen vorzubereiten, aber nicht sofort umzusetzen. Wenn die US-Wirtschaft schnell nachlässt, könnte sich das politische Klima in den USA ändern."

"Im Rezessionsmodus dürfte die Republikanische Partei zunehmenden Druck auf das Weisse Haus ausüben, ernsthafte Verhandlungen aufzunehmen. Gibt es bis dahin keine europäischen Gegenmassnahmen, kann der EU keine Mitschuld gegeben werden. Und das könnte durchaus ein strategisches Ass im Ärmel sein."

"Heute haben die Regierungen mehr Möglichkeiten als im Jahr 1930, als der Smoot-Hawley Tariff Act die Grosse Depression verlängerte und dem Welthandel schadete. Wenn alle ihre Nerven behalten, hat die alte regelbasierte Handelsordnung noch eine Chance."

Nach dem "Tag der Befreiung" sind die US-Zölle zehn Mal so hoch wie vor Trump. Wenn sie nicht wieder sinken, wenn also die noch ausstehenden Verhandlungen nicht bald beginnen und eine schnelle Lösung gefunden wird, könnten die Kaufkraft der Verbraucher, die Gewinnmargen der Unternehmen und damit auch die Investitionen so stark zurückgehen, dass sich die USA in der zweiten Jahreshälfte mit einer Rezession konfrontiert sehen. Dann hängt es vor allem von der Bereitschaft der Fed ab, diesen Schock abzufedern. Wir haben kaum Zweifel daran, dass die Fed bei klaren Anzeichen für eine Verschlechterung der Arbeitsmarktlage ihren Zinssenkungszyklus wieder aufnimmt, aber aus unserer Sicht wird sich die Expansion in Grenzen halten. Die Zentralbank muss glaubwürdig bleiben, und die Fed-Vertreter werden das Risiko einer Überreaktion sehr ernst nehmen. Dann könnte es zu einem direkten Konflikt zwischen dem Weissen Haus und der Zentralbank kommen.

Auch Europa wird stark unter Druck geraten. Vielleicht fällt der Schock hier weniger gravierend aus als in den USA, aber die Euroraumwirtschaft war schon vor dem "Tag der Befreiung" schwach, und die zusätzliche Belastung des Exports und des Vertrauens könnte auch hier gegen Ende des Jahres eine Rezession aufziehen lassen. Allerdings hat die EZB mehr Spielraum für eine Lockerung, weil die Inflation weiter zurückgeht. Die wichtigste Entscheidung für Europa ist die über mögliche Gegenmassnahmen. Aus unserer Sicht spricht viel dafür, sie vorzubereiten, aber nicht sofort umzusetzen. Wenn unsere Prognose stimmt, und die US-Wirtschaft schnell nachlässt, könnte sich das politische Klima in den USA ändern. Natürlich kann Europa die US-Politik nicht direkt beeinflussen, befände sich aber möglicherweise in einer besseren Position, wenn die Verhandlungen ernsthaft beginnen.

Die Entscheidungen der USA am 2. April wecken Erinnerungen an beängstigende Ereignisse der Geschichte wie den Smoot-Hawley Tariff Act im Jahr 1930, der die Grosse Depression verlängerte und dem Welthandel schadete. Der damalige protektionistische Teufelskreis war aber vor allem auf den Zusammenhang zwischen Handel und Goldstandard zurückzuführen. Heute haben die Regierungen mehr Möglichkeiten. Wenn sie ihre Nerven behalten, hat die alte regelbasierte Handelsordnung noch eine Chance.

Gilles Moëc, Chefökonom der AXA Group und Leiter der AXA IM Research-Abteilung

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Bildquelle: kropic1 / Shutterstock.com,Jan Hanus/iStockphoto

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