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17.04.2024 22:24:00
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"Eine Vielzahl neuer Technologien": BB Biotech-Anlagechef erwartet starkes Wachstum im Biotechnologie-Bereich
Durch die kontinuierlichen Leitzinserhöhungen hatten wachstumsorientierte Aktien vor einigen Monaten noch einen schweren Stand. Doch mittlerweile hat sich das Blatt gewendet. Der Biotech-Sektor dürfte nach Einschätzung von BB Biotech-Anlagechef Daniel Koller nun vor einer breiten Aufwärtsbewegung stehen.
• Anlagechef von BB Biotech erwartet aber bessere Zeiten in der Branche
• Koller: RNA-Technologie besonders vielversprechend
Biotech-Aktien sind im Zuge der allgemeinen Börsenerholung wieder beliebter. Sie profitieren besonders stark vom "Risk on"-Modus der Anleger, die in Erwartung sinkender Leitzinsen wieder vermehrt bei wachstumsorientierten, als besonders riskant geltenden Unternehmen zuschlagen.
BB Biotech-Aktie vor dem Turnaround?
Hierzulande dürfte von einem solchen Trend allen voran die börsennotierte Biotechnologie-Investmentgesellschaft BB Biotech profitieren. Das 1993 in Schaffhausen gegründete Unternehmen ging noch im Gründungsjahr an die SIX und verfügt über ein breites Portfolio an klein- bis mittelkapitalisierten börsennotierten Unternehmen, die vorrangig in den USA beheimatet sind. In den vergangenen drei Jahren war die BB Biotech-Aktie jedoch keine gute Wahl, verlor sie in diesem Zeitraum doch satte 47,5 Prozent an Wert. Der Grund: In den vergangenen Geschäftsjahren präsentierte BB Biotech stets enttäuschende Zahlen, so erlitt die Investmentgesellschaft auch 2023 einen Jahresverlust.
Immerhin scheinen sich inzwischen wieder mehr Investoren für die Anteilsscheine von BB Biotech zu interessieren: Die Aktie, die derzeit 42,70 Franken kostet, legte in den vergangenen sechs Monaten immerhin um acht Prozent zu (Stand: Schlusskurs vom 16. April 2024). Der Anlagechef des Unternehmens Daniel Koller sieht in der jüngsten Aufwärtsbewegung aber nur den Beginn eines neuen Super-Zyklus im Biotechnologiebereich.
BB Biotech-Anlagechef Koller: Biotech-Sektor ist "selbstständig" geworden
"Es ist eine Industrie entstanden, die Talente und Investitionen anzieht und global Opportunitäten bietet", betonte Koller im Interview mit "cash.ch" und sieht den Sektor allgemein als "emanzipiert" an, was er wie folgt begründet: "Anfang und Mitte 2000er Jahre brauchten fast alle Biotech-Firmen einen Pharma-Partner, um ihre Technologie oder ihr Medikament in den Markt zu bringen". Dies sei mittlerweile nicht mehr der Fall: Die Biotechnologie fungiere nicht mehr lediglich als Zulieferer der Pharmaindustrie, sondern handele "selbstständig".
Koller erwartet starkes Geschäftsjahr
Für 2024 ist Koller sehr optimistisch. "Unternehmen erhalten wieder Kapital. Und Rekapitalisierung heisst steigende Kurse. Vor zwei Jahren wurden gute Nachrichten und jeder kleine Kurssprung benutzt, um Aktien zu veräussern. Das sehen wir jetzt klar weniger. Und viele Investoren haben eher den Fokus auf Large Caps, also Big Pharma in unserem Segment. Wir haben einen grossen Block in den Mid Caps. Diese haben zwar nie massiv verloren, aber sie sind jetzt auch noch nicht von ihren Tiefs zurückgekommen." Zu den größeren Beteiligungen von BB Biotech gehören sowohl bekanntere Konzerne wie Moderna oder Vertex Pharmaceuticals, als auch kleinere Unternehmen, die - mit Ausnahme von Branchenkennern - eher weniger Anlegern ein Begriff sein dürften, etwa Ionis Pharmaceuticals, Neurocrine Biosciences und arGEN-X.Die BB Biotech-Aktie ist bei Anlegern allerdings auch vor allem wegen ihrer regelmäßigen Dividendenausschüttungen beliebt. Im letzten Jahr gab es eine Dividendenzahlung von 2,00 Franken je Aktie. Koller wich der Frage aus, ob BB Biotech seine Ausschüttungen im Zuge verbesserter Aussichten in der Biotech-Branche erhöhen werde. "Dividenden können wachsen oder wieder wachsen, wenn wir einen steigenden Börsenwert haben. Der Erfolg kommt schlussendlich aus der Anlage heraus", so der Anlagemanager.
Vielversprechende technologische Entwicklungen
Auch in Bezug auf die Technologie sieht Koller sehr erfreuliche Entwicklungen. "Es wurde eine Vielzahl neuer Technologien entwickelt. Beispielsweise die RNA-basierten Therapien von Unternehmen wie Ionis, Alnylan Pharmaceuticals oder Moderna. Zudem findet mit CRISPR ein Revival der Gentherapien statt, nachdem diese wegen schwerster Nebenwirkungen eine Dekade zuvor zurückgebunden wurden." Als Highlight der Technologien betrachtet Kollar eindeutig die RNA-basierten Verfahren: "Diese kommen aus der Nische heraus und gehen jetzt in die breiteren Krankheitsfelder hinein, weil sie immer besser, immer sicherer und immer einfacher zu verabreichen sind". Die RNA-Verfahren würden eine massive Skalierbarkeit aufweisen.
"Die Biotech-Branche hat ihren Ursprung bei den antikörperbasierten Therapien. Diese hat die Pharma dann übernommen, abgekupfert und abgekauft. Wenn Sie heute die grössten Produkte im Krebsbereich und selbst bei schweren Autoimmunerkrankungen anschauen, dominieren Antikörper, die ursprünglich in Biotech-Laboren entwickelt worden sind. Wir erwarten bei den RNA-basierten Therapien ebenfalls eine massive Ausweitung. Gleiches gilt natürlich weiter in der Zukunft für die einmal zu verabreichenden genetischen Medikamente. Dort bremsen aber nur schon die Herstellungsverfahren, die Kosten, die Komplexität und die Nebenwirkungsrisiken. Und gesellschaftlich ist man immer noch weit weg von einer Akzeptanz", so Kollers Einschätzung zu den vielversprechendsten Trends in der Biotech-Branche. Ebenfalls seien KI-Technologien höchst interessant für die Biotechnologie-Branche. BB Biotech evaluiere die Möglichkeiten von KI fortlaufend und sei stets auf dem neuesten Stand, versicherte Koller.
Moderna-Aktie: Einer von Kollers Favoriten
Im weiteren Verlauf des Interviews äußert sich Koller zu den Strategien von BB Biotech. Die eidgenössische Biotechnologie-Investmentgesellschaft hat schon seit Jahren eine bedeutsame Beteiligung an dem US-Konzern Moderna. An dieser äußerst lukrativen Beteiligung wolle BB Biotech festhalten. "Es ist mit Abstand eine der erfolgreichsten Investitionen. Eine Investition in eine Technologie, die man vor allem für präventive Impfstoffe getestet hat - gegen akute, aber auch saisonale Infektionen wie die Influenza. In zweiter Instanz erwarten wir nun Impfstoffe gegen latente Viren wie CMV oder EBV, die mit vielen Krankheiten in Verbindung gesetzt werden", kommentierte Koller.
Besonders großes Potenzial wittert Koller außerdem bei Modernas Ambitionen, in den Bereich der Onkologie vorzustoßen. "Und wenn die Impfstoffe von Moderna verhindern könnten, dass sich Metastasen bilden oder der Prozess verlangsamt wird, dann kann das weitreichende Konsequenzen für bestehende Pharmakonzerne in der Zukunft haben. Es geht immer wieder darum, wer in den nächsten zwei, drei, fünf oder zehn Jahren die Gewinner oder Verlierer sind." Auf dieser Grundlage fälle BB Biotech seine Investmententscheidungen.
Deshalb setzt BB Biotech auf eher kleinere Pharma-Unternehmen
Allzu große Pharma-Unternehmen meidet Koller dabei eher. "Der Druck für die grossen Pharmafirmen ist wegen auslaufender Patente gross. Bristol-Myers Squibb ist in einer Extremsituation, wo in den nächsten vier Jahren 60 bis 70 Prozent des Produkt-Umsatzes betroffen ist, aber prinzipiell kämpft die ganze Pharmaindustrie mit diesem Problem. Je grösser der momentane Erfolg, desto grösser das Loch, in das sie dreizehn bis vierzehn Jahre später fallen." Diese Probleme hätten die Mid- und Small-Cap-Firmen nicht. "Kleinere Unternehmen, die mit einer Plattform-Technologie gross geworden sind, können dem entgegenwirken, indem sie in ihre Plattform reinvestieren, was den Fokus erhöht und die Komplexität der Herstellung sowie die interpolierten Risiken reduziert", so Koller.
Weiterhin befindet sich kein weiteres Schweizer Unternehmen im Portfolio von BB Biotech - und das, obwohl der Pharma- und Biotechnologiebereich der Schweiz gut ausgebaut ist. "Wir sind agnostisch hinsichtlich des Ursprungs von Assets und Firmen. Die USA sind nach wie vor die dominante und innovationstreibende Region in diesem Sektor. Es wäre natürlich positiv, wenn wir einen stärkeren Schweizer Biotechnologiewert identifizieren könnten, aber dies muss auf Grundlage von Technologie und Anwendungsgebiet geschehen." Die Frage, welcher eidgenössische Kandidat dafür in Frage komme - beispielsweise Idorsia -, wollte Koller nicht näher beantworten.
Redaktion finanzen.ch
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