Roblox, Coupang & Co. |
22.03.2021 23:41:00
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IPO-Boom hält an: Viele Unternehmen wagen Börsengang - und zeigen starke Performance
Derzeit wagen so viele Unternehmen den Sprung aufs Börsenparkett wie schon lange nicht mehr. Überraschend ist nicht nur wie viele Unternehmen an der Börse starten, sondern auch deren häufig sehr starke Performance - doch sind die hohen Bewertungen der Unternehmen noch gerechtfertigt und wie lange kann der IPO-Hype noch anhalten?
• Abkürzung, über SPAC an die Börse zu gehen, derzeit sehr beliebt
• Zu hohe Bewertungen? - viele Unternehmen noch unprofitabel
Wie das Finanznachrichtenportal Barron's unter Berufung auf Dealogic berichtet, haben in diesem Jahr bis zum 10. März bereits 302 US-Börsengänge stattgefunden, die in Summe 102,3 Milliarden US-Dollar eingebracht haben. Im gleichen Zeitraum des Vorjahres seien es gerade einmal 35 Börsendebüts im Wert von 11 Milliarden US-Dollar gewesen. Im Gesamtjahr 2020 seien mit 457 Börsengängen insgesamt 167,8 Milliarden US-Dollar eingesammelt worden. Beeindruckend dabei sei aber vor allem auch die Performance der Aktien, denn in den vergangenen zwölf Monaten seien "die Aktien von 52 Tech-IPOs am ersten Handelstag um durchschnittlich 65 %" gestiegen. Dies gehe, wie Barron's berichtet, aus Daten von Jay Ritter, einem Professor der University of Florida, der den IPO-Markt untersucht, hervor.
Einige Unternehmen mit sehr starkem Börsendebüt
Als Unternehmen, die mit einem Kursfeuerwerk an der Börse gestartet sind, nennt Barron's unter anderem EZGO Technologies und Cloopen Group Holding. Der E-Bike-Hersteller EZGO Technologies verbuchte bei seinem Marktdebüt im Januar ein Plus von 353 Prozent, während Cloopen Group Holding, ein Cloud-basierter Kommunikationsanbieter, bei seinem Sprung aufs Börsenparkett Anfang Februar einen Aufschlag von 200 Prozent verzeichnen konnte.
Vor kurzem erst feierten auch die Videospielplattform Roblox und das südkoreanisches E-Commerce-Unternehmen Coupang ihr Börsendebüt. Der Erstkurs der Coupang-Aktie lag 81 Prozent über dem Ausgabepreis von 35 US-Dollar bei 61,50 US-Dollar und bescherte dem Unternehmen eine Bewertung von 114 Milliarden US-Dollar. Die Roblox-Aktie startete mit 64,50 US-Dollar 43 Prozent über dem zuvor festgelegten Referenzpreis von 45 US-Dollar, womit das Unternehmen eine Bewertung von 35 Milliarden US-Dollar erzielte.
Und es bleibt weiter spannend: Einige große Namen wie Robinhood, Coinbase oder Instacart werden voraussichtlich auch noch in diesem Jahr den Sprung aufs Börsenparkett wagen.
SPACs voll im Trend
Eine Besonderheit, die Anlegern bei Börsengängen in der näheren Vergangenheit bereits sicher aufgefallen ist: Immer mehr Unternehmen wählen nicht den traditionellen Weg an die Börse, sondern nehmen eine Abkürzung über sogenannte Special Purpose Acquisition Companies (SPACs) - also börsennotierte Mantelgesellschaften, die zunächst Kapital über einen Börsengang einnehmen, um dann ein geeignetes Unternehmen zu finden, das in den Börsenmantel schlüpft. Wie Barron's berichtet, seien 80 Prozent der in diesem Jahr bisher erfolgten 302 US-Börsengänge SPACs gewesen. Während Dealogic zufolge im vergangenen Jahr im Zeitraum bis zum 10. März gerade einmal 13 Unternehmen diesen Weg gewählt und damit rund 3,9 Milliarden US-Dollar eingesammelt haben, seien im gleichen Zeitraum in diesem Jahr bereits 240 Unternehmen über eine Mantelgesellschaft an die Börse gegangen und haben dabei fast 76 Milliarden US-Dollar erlöst.
Woher kommt der IPO-Hype?
Der aktuelle IPO-Markt sei ein Produkt des langjährigen Bullenmarktes, niedriger Zinssätze und einer Flut von Liquidität in Aktien, da es für Anleger nur wenig andere Orte gibt, "an denen sie eine bedeutende Rendite erwarten können", gibt Barron's Dan Rosen, einen Teilhaber von Commerce Ventures, wieder. Laut Rosen seien in seinen 20 Jahren als Risikokapitalgeber die vergangenen sechs Monate die beste Zeit für Unternehmen gewesen, um an die Börse zu gehen. Auch die "wiederbelebte Begeisterung vieler Kleinanleger für Aktien - hervorgehoben durch den Rausch bei den Aktien von GameStop […] und dergleichen" habe dem IPO-Markt geholfen. So sei es zu "starken Zuwächsen im Aftermarket für neu börsennotierte Unternehmen" gekommen. Im Jahr 2020 seien Professor Ritter zufolge 165 Unternehmen an die Börse gegangen, die am ersten Tag eine gleichgewichtete durchschnittliche Rendite von 41,6 Prozent erzielten. In diesem Jahr liege der Durchschnitt bisher bei 33 Prozent.
Dass einige Privatanleger von bestimmten Aktien so fasziniert sind, dass sie sie unbedingt kaufen wollen und dafür auch jeden Preis zahlen würden, kann allerdings riskant sein, da viele dieser Unternehmen, die noch recht neu an der Börse sind, bisher noch keine Gewinne erzielen.
Ross Yarrow, Managing Director US-Aktien bei Robert W. Baird, untersuchte Barron's zufolge die Ergebnisse des ersten Quartals von Unternehmen, die 2020 an die Börse gingen. Dabei habe er herausgefunden, dass 81 Prozent dieser Unternehmen unrentabel waren. Bei seiner Analyse der Unternehmen, die 2000, zur Zeit der Dotcom-Blase, an die Börse gingen, habe sich ergeben, dass etwa 73 Prozent ein Quartal nach Börsenstart nicht profitabel waren.
Zwei der größten Börsengänge im vergangenen Jahr stellten die Online-Buchungsplattform Airbnb und der Essensauslieferer DoorDash. Am 25. Februar öffnete Airbnb erstmals seit seinem Börsengang im Dezember seine Bücher und berichtete einen Verlust von 4,6 Milliarden US-Dollar im Jahr 2020 - die Aktie sprang am darauffolgenden Tag dennoch zweistellig an. Ebenfalls am 25. Februar veröffentlichte DoorDash das erste Mal seit seinem Börsengang Zahlen zum abgelaufenen vierten Quartal 2020. DoorDashs Verlust hatte sich mit 312 Millionen US-Dollar gegenüber dem Vorjahreszeitraum (134 Millionen US-Dollar) mehr als verdoppelt. Auch hiervon schienen sich die Anleger unbeeindruckt zu zeigen - am nächsten Tag kletterten die Aktien um knapp neun Prozent.
Zu hohe Bewertungen?
Daher zeigt sich so mancher Experte oder Investor skeptischer gegenüber dem IPO-Boom und wägt hinsichtlich der Bewertungen vorsichtiger ab. Mark Hawtin, Investment Director bei GAM Investments, erklärt gegenüber Barron's, dass er es derzeit schwieriger finde, sich in neue Emissionen einzukaufen, als vor sechs oder neun Monaten. "Es gibt Unternehmen, die ich wirklich mag, aber ich kann den Kauf nicht rechtfertigen, weil ihr Preis zu hoch ist", so Hawtin.
Normalerweise entwickelten sich Aktien von Unternehmen nach ihrem Börsengang nach anfänglichen Preisbewegungen im Laufe der Zeit ähnlich der Performance S&P 500. "Ich wäre ziemlich überrascht, wenn viele dieser Bewertungen in 12 Monaten noch auf diesem Niveau liegen würden", gibt Barron's Hawtin wieder. Allerdings können sich Anleger wohl auch darauf nicht mehr so ganz verlassen: Wie Barron's berichtet, verweist Hawtin auf den Exchange IP Traded Fund (IPO) von Renaissance. Dieser verfolgt die Entwicklung von Neuemissionen in den ersten zwei Jahren nach und ist im letzten Jahr um 139,6 Prozent gestiegen - der S&P 500 dagegen nur um 43,5 Prozent. Dass IPOs also nicht nur einen Anstieg beim Angebotspreis sondern auch im Aftermarket verzeichnen, sei Hawtin zufolge "ein Hinweis auf die gestreckte Bewertung, die sie haben".
Parallelen zur Dotcom-Blase?
Hawtin würde die aktuelle Situation jedoch nicht mit der von vor 20 Jahren, zur Zeit der Dotcom-Blase, gleichsetzen. Der IPO-Markt sei zwar "sehr überbewertet", doch die Unternehmen, die derzeit an die Börse gingen, seien Hawtin zufolge mit erheblichen Einnahmen und realem Wachstum ausgestattet. In der aktuellen Zeit halte er daher nur bestimmte Sektoren und Aktien für aufgebläht. Und auch Jay Ritter von der University of Florida beschreibt die Unternehmen, die derzeit an die Börse gehen, wie Barron's berichtet, als "im Allgemeinen ziemlich ausgereift, wenn nicht sogar rentabel […], mit Ausnahme des Biopharma-Sektors, in dem die Unternehmen in der Regel jung sind und sich noch in der F&E-Phase befinden".
Dennoch sehen die Experten Risiken für den IPO-Markt. Ein starker Anstieg der Inflation oder ein geopolitischer Schock könne den "Schaum" des Marktes stoppen, warne Dan Rosen von Commerce Venture, während sich Mark Hawtin sicher sei, dass eine Korrektur bevorsteht. "Es wäre dumm zu behaupten, jetzt oder nächste Woche sei der Moment, in dem es sich ändern wird", gibt Barron's Hawtin wieder. "Ich weiß nicht, wann sich [der IPO-Markt] wenden wird, aber er wird sich ändern." Dem Experten zufolge steht also fest, dass es nicht ewig so weitergeht. Die Frage sei also nicht ob, sondern wann sich etwas an der aktuellen Situation am IPO-Markt ändern wird. "Letztendlich denke ich, dass es in Tränen enden wird", so Hawtin.
Redaktion finanzen.ch
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