Zurück auf den Wachstumspfad |
01.02.2021 23:07:00
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Nach Jahren der Unruhe: Clariant-Chef Keijzer soll die Trendwende bringen
Der Spezialchemiekonzern Clariant steckt seit mehreren Jahren in einer Umstrukturierung. Auch die Beziehung zum Grossaktionär SABIC soll nicht die Beste sein. Kann Neu-CEO Conrad Keijzer das Ruder herumreissen?
• Grossaktionär Sabic sorgt für Aufruhr
• Keijzer startet mit neuer Vision
Clariant hat ein paar herausfordernde Jahre hinter sich. Schon vor der Coronakrise befand sich der Chemiekonzern aus Muttenz mitten in einer Phase der Neuausrichtung, die in ihrer Umsetzung durch die Pandemie ein wenig ausgebremst wurde. Denn der Konzern will sich merklich verkleinern und nur noch auf die drei Kerngeschäfte Care Chemicals, Katalysatoren und Natural Resources konzentrieren. Mit diesem Schritt erhofft sich Clariant gegenüber Konjunkturschwankungen widerstandsfähiger zu werden, und einen "stärkeren Fokus auf differenzierte, kundenspezifische Produkte und Angebote mit attraktiven Wachstumsaussichten und überdurchschnittlichem Wertpotenzial" zu legen, wie es in der damaligen Ad Hoc-Meldung hiess. Zu diesem Zweck hat sich der Spezialchemiekonzern bereits erfolgreich von seinem Bereich Pharmaverpackungen sowie Masterbatches getrennt. Die Suche nach einem Käufer für das Pigmentgeschäft musste wegen der Pandemie zeitweise jedoch auf Eis gelegt werden. Seit Oktober 2020 ist Clariant hier wieder auf der Suche nach einem Käufer. Vor der Coronakrise wurde die Sparte mit einem Wert von 800 bis 900 Millionen Franken beziffert.
Die Umstrukturierung geht wenig überraschend mit einem massiven Stellabbau von über 1‘000 Arbeitsplätzen einher, der sich laut Unternehmensangaben über maximal zwei Jahre erstrecken soll. Hintergrund dieser Schrumpfkur sind wohl auch die scheinbar zerrütteten Beziehungen zwischen Clariant und dem saudi-arabischen Grossaktionär Saudi Basic Industries Corporation (SABIC). Hier war nämlich eigentlich geplant, ein Gemeinschaftsunternehmen High Performance Materials zu schaffen, ein Vorhaben, welches im Juli 2019 dann überraschend aufgegeben wurde.
SABIC sorgt mit zwei Forderungen für Unruhe
Doch dies war nicht der letzte Paukenschlag mit dem Clariant und SABIC für Aufmerksamkeit sorgten. Denn wenige Tage vor Jahresende 2020 sorgte Großaktionär für für Aufsehen, als er für die im April anberaumte Generalversammlung zwei Traktanden einreichte. Hier schlug SABIC zum einen die Ausschüttung einer Sonderdividende in Höhe von 2 Franken je Aktie vor, was insgesamt Mittel von 660 Millionen Franken umfassen sollte. Doch für noch mehr Aufhebens sorgte die zweite Forderung SABICs, nämlich Aufsichtsrat-Mandate auf zwölf Jahre zu begrenzen, was wiederum das Ende für VR-Präsidenten Hariolf Kottmann bedeuten würde. Kottmann war bereits seit 2008 Teil des Aufsichtsrats und hat Clariant insgesamt zehn Jahre als Chef unterstützt. Kein anderes Mitglied des Verwaltungsrats würde durch die neue Regelung seinen Sitz verlieren.
Jüngst kam es hier jedoch im Rahmen einer außerordentlichen Sitzung des Aufsichtsrats zu einer Einigung. Wie Clariant zum Wochenstart bekannt gab, würde Verwaltungsratspräsident Hariolf Kottmann sein Amt niederlegen und bei der Generalversammlung im April auch keine erneute Kandidatur mehr anstreben. Als sein Nachfolger würde Günter von Au nominiert, der bereits seit 2012 Mitglied des VRs ist und in der Vergangenheit auch schon als Vizepräsident agierte. Im selben Zug wurde die 12-Jahre-Mandats-Begrenzung für den Verwaltungsrat abgesegnet. Im Gegenzug zog Investor SABIC die Forderung nach einer Sonderdividende zurück. Stattdessen strebe Clariant nun die Ausschüttung einer ordentlichen Dividende von insgesamt 70 Rappen vor.
Conrad Keijzer übernimmt
Inmitten dieses, scheinbar nun etwas befriedeten Konflikts hat nun der Niederländer Conrad Keijzer am 1. Januar 2021 die Zügel bei Clariant von Kottmann übernommen, der nach dem überraschenden Rücktritt von Ex-CEO Ernesto Occhiello im Juli 2019 den Chefposten interimistisch angetreten hatte. Keijzer hat sich vor allem durch die langjährige Leitung beim globalen Farben- und Lackhersteller AkzoNobel hervorgetan und war zuletzt CEO bei dem französischen Spezial-Mineral-Anbieter Imerys. Dabei wird der Amtsantritt des 52-Jährigen etwas durch die aktuellen Corona-Beschränkungen erschwert, wie er im Interview mit der Neuen Zürcher Zeitung verriet. Denn da das Reisen derzeit nicht möglich sei, blieben nur die digitalen Treffen per Videokonferenz übrig. Dies sei insbesondere für Clariants Plan hinderlich, in Asien und besonders in China verstärkt durchzustarten. Hier gibt es laut der NZZ für das Unternehmen auch noch Luft nach oben, denn aktuell würde der Spezialchemiekonzern den grössten Teil seines Absatzes noch in Europa generieren.
Wie genau dieses Wachstum in Asien und darüber hinaus aussehen soll, bleibt zunächst unklar. Klar ist jedoch, dass Keijzer expandieren möchte, um "schneller als der Gesamtmarkt" zu wachsen, wie ihn die NZZ wiedergibt. Dabei seien auch Zukäufe eine Möglichkeit, was als Strategie erst einmal im Gegensatz zu der bisher angestrebten Verkleinerung des Unternehmens steht.
Es bleibt nun abzuwarten, ob es der Niederländer schafft, Clariant zu mehr Stabilität zu verhelfen und seine Vision wahrmacht, den Konzern auf den Wachstumspfad zurückzubringen. Im Austausch mit dem Grossaktionär SABIC dürfte der "unaufgeregte" und "konsensorientierte Führungsstil", wie es die NZZ beschreibt, jedoch von grossem Nutzen sein.
So ergeht es der Clariant-Aktie
Die Clariant-Aktie jedenfalls könnte einen Boost vertragen. Das Jahr 2020 hat das Papier mit einem Minus von knapp 13 Prozent verlassen. Seit Jahresbeginn tendiert der Anteilsschein weitgehend seitwärts. Höchste Zeit also für ein paar gute Nachrichten, die dem Chemiekonzern wieder etwas Rückenwind bescheren.
Redaktion finanzen.ch
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