Aktien-Einschätzung |
03.09.2017 03:29:48
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Ölkonzerne: Welche künftig noch Dividende zahlen
Der Ölpreis stagniert auf niedrigem Niveau. Die Aktien werden zum Geduldsspiel. Im Brennpunkt steht vor allem die Dividende.
Eine mutige Ansage: Hedgefondsmanager Pierre Andurand erwartet, dass der Ölpreis auf 100 Dollar steigen wird. Derzeit kostet ein Fass des Rohstoffs rund die Hälfte. Nicht nur Andurands Investoren wären froh, wenn seine Rechnung aufginge.
Ölkonzerne auf der ganzen Welt stecken in einer schwierigen Situation. Nach dem großen Crash im Jahr 2014 ist die Erholung des Ölpreises ins Stocken geraten. Die Gewinnentwicklung der Unternehmen erinnert an ein leckgeschlagenes Fass: Die drei großen europäischen Unternehmen der Branche - Royal Dutch Shell, Total und BP - hatten im Jahr 2012 zusammen über 51 Milliarden Dollar verdient. Nicht mal elf Milliarden Dollar waren es 2016.
Vor allem Dividendenjäger sind beunruhigt. Ölkonzerne sind als Bargeldquelle beliebt, da sie einen Großteil ihrer Gewinne an die Aktionäre ausschütten. Weil aber nebenbei auch hohe Investitionen in das operative Geschäft notwendig sind, stoßen die Ölriesen an ihre Grenzen. In den vergangenen zwei Jahren schütteten Royal Dutch Shell, Total und BP deutlich mehr Geld aus, als sie erwirtschaftet hatten. Das relativiert die attraktiven Kennziffern der Energieaktien.
Shell und BP kommen auf Basis der Analystenprognosen auf Dividendenrenditen von fast sieben Prozent, Total auf deutlich mehr als fünf Prozent. Viele Investoren aber fürchten, dass die Ausschüttungen auf Dauer nicht mehr zu finanzieren sind.
Dividende mit Nebenwirkung
Schon jetzt müssen die Ölkonzerne kämpfen. Um die Bilanzen zu schonen, bieten sie ihren Anteilseignern die Möglichkeit an, statt der üblichen Bargelddividende neue Aktien zu nehmen. Laut Datendienst Bloomberg haben die drei großen Europäer auf diesem Weg mehr als ein Drittel ihrer Finanzlast aus der Dividende abgeschüttelt. Das bringt kurzfristig Entlastung, hat aber Nebenwirkungen. Bei einer steigenden Zahl von Aktien wird der Wert der einzelnen Papiere verwässert. Außerdem muss das Unternehmen künftig für eine größere Zahl an Aktien Dividende zahlen. Eine Statistik der Deutschen Bank zeigt: 40 Prozent der Unternehmen, die im Jahr 2012 Aktien statt Bargeld angeboten haben, mussten ihre Dividende innerhalb der folgenden drei Jahre kürzen. Eine solche Demütigung wollen sich die Ölriesen ersparen.
Die Branche ist extreme Zyklen gewohnt und erfahren darin, Kosten zu senken. In der Vergangenheit hat der kommende Konjunkturaufschwung Ölpreise und Aktienkurse stets wieder nach oben getrieben. Zur Berichtssaison im Sommer gab es gute Nachrichten: Bei einem Ölpreis um 50 Dollar pro Fass können Shell, Total und BP wegen der jüngsten Einschnitte ihre Ausgaben aus dem eigenen Cashflow finanzieren.
Grundsätzliche Probleme bleiben. Durch die Schiefergasrevolution in den USA ist das Angebot auf dem Weltmarkt deutlich größer als in früheren Zyklen. Versuche der vor allem arabischen Ölnationen, die Preise durch Förderbeschränkungen zu stützen, sind im Sand verlaufen. Langfristig könnten die Probleme sogar noch größer werden. Wind- und Sonnenenergie werden immer populärer. In der Autoindustrie dürfte der Verbrennungsmotor durch den Elektroantrieb verdrängt werden. Shell-Chef Ben van Beurden hat seine Aktionäre bereits auf langfristig niedrige Notierungen ("lower forever") eingestellt. BP-Finanzchef Brian Gilvary sieht den Preis des Rohstoffs im kommenden Jahr zwischen 45 und 55 Dollar - also ebenfalls weit entfernt von den alten Rekorden.
Argumente für 100 Dollar
Die Internationale Energieagentur, eine Organisation von 29 Industrienationen, erwartet, dass die Nachfrage erst um das Jahr 2040 herum ihren Höhepunkt erreicht. Bis dahin werde die Nachfrage etwa durch Güterverkehr, Luftfahrt und Chemieindustrie weiter zunehmen und sinkenden Bedarf in anderen Bereichen mehr als ausgleichen. Ölkonzerne erschließen derweil neue Geschäftsfelder. Royal Dutch Shell baut sein Erdgasgeschäft aus und errichtet in den Niederlanden einen großen Windpark. Total hat den Batteriehersteller Saft übernommen und setzt damit auf den Durchbruch des Elektroautos.
Diese Schritte allein reichen nicht aus, um sich aus der Abhängigkeit vom Ölpreis zu befreien. Womöglich ist das aber gar nicht notwendig. Fondsmanager Andurand glaubt laut "Financial Times" nicht daran, dass der negative Effekt durch Elektroautos oder Produktionskapazitäten groß genug ist, einen dauerhaft niedrigen Ölpreis zu rechtfertigen.
Die aktuelle Stimmung sieht Andurand als Kontraindikator und erinnert an den Optimismus in der Zeit vor dem Crash: "Im Jahr 2014, nach vier Jahren mit Preisen von 110 Dollar je Barrel, haben die meisten Analysten erklärt, dass wir niemals wieder Preise unter 100 Dollar sehen werden."
Investor-Info
Royal Dutch Shell
Europas Riese
Der britisch-niederländische Konzern hat den Cashflow im zweiten Quartal auf das höchste Niveau seit dem Ölpreiscrash des Jahres 2014 gepumpt. Geholfen haben Kostensenkungen, der Verkauf weniger attraktiver Geschäftsbereiche und die Übernahme des Gasspezialisten BG Group. Die Rahmenbedingungen bleiben schwierig, auf aktuellem Ölpreisniveau aber sollte die Dividende finanzierbar sein. Die Aktie bleibt Favorit der Redaktion. Anleger brauchen aber Geduld.
LYXOR ETF MSCI World Energy
Bodenbildung abwarten
Energie ist in diesem Jahr der schlechteste Sektor im weltweiten Aktienindex MSCI World. Sollte der Ölpreis nach oben drehen, hätte die Branche Aufholpotenzial. Mit einem Indexfonds von Lyxor können Anleger in die 89 Unternehmen des MSCI World Energy investieren. Die Schwergewichte im Index sind Exxon Mobil, Chevron und Royal Dutch Shell. Dividenden werden bei diesem Produkt automatisch wieder investiert.
ALLIANZ European Equity Dividend
Fast fünf Prozent Rendite
Wer eine hohe Ausschüttung sucht, aber die Extreme des Rohstoffsektors vermeiden will, kann auf breit investierende Dividendenfonds wie den Allianz European Equity Dividend setzen. Der Energiesektor war dort zuletzt mit 14 Prozent gewichtet, unter anderem durch Royal Dutch Shell. Größte Brocken waren Finanz- und Telekomwerte. Der Fonds schüttet Dividenden aus. Die Dividendenrendite lag zuletzt bei 4,7 Prozent.
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