Lehre aus Wirecard-Debakel |
27.11.2020 12:55:00
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Wirecard-Aktie im Plus: BaFin-Chef Hufeld will mehr Kompetenzen bei der Bankenaufsicht - Untersuchungsausschuss verhängt Ordnungsgelder
Als Lehre aus der Insolvenz des Zahlungsdienstleisters Wirecard drängt der Chef der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), Felix Hufeld, auf erweiterte Befugnisse für seine Behörde.
Nachholbedarf gebe es aber auch bei der Bankenaufsicht. "Wir müssen darauf achten, dass Banken, denen es auf den ersten Blick gut geht, die aber Auffälligkeiten zeigen, intensiver kontrolliert werden. Ich will eine stärkere Individualaufsicht", sagte Hufeld. Mit dieser hätte sich etwa die Wirecard-Bank intensiver kontrollieren lassen.
Die BaFin steht wegen möglicher Defizite und Fehleinschätzungen bei der Überwachung von Wirecard seit Monaten in der Kritik. Dabei geht es auch um private Handelsaktivitäten von BaFin-Beamten mit Wirecard-Wertpapieren. Hufeld nahm die BaFin-Beschäftigten erneut in Schutz: "Wir hatten ein Compliance-System, das den gesetzlichen Vorgaben entsprach, aber nicht mehr zeitgemäß ist und deshalb zu Recht verändert wird. Kann ich aber den 85 Mitarbeitern einen Vorwurf machen, die Wirecard-Aktien gehandelt haben? Nein, denn bisher gibt es keinerlei Hinweise darauf, dass sie Insiderwissen genutzt haben", sagte er.
Derzeit überprüft eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft die Handelsaktivitäten. Künftig soll BaFin-Beschäftigten der Handel mit Einzelwerten der von der Behörde beaufsichtigten Unternehmen untersagt werden.
Keine Hinweise auf Wirecard-Insiderhandel von Mitarbeitern
Die Finanzaufsicht BaFin hat bislang keine Anhaltspunkte dafür, dass mit Wirecard -Aktien handelnde Mitarbeiter einen möglichen Informationsvorsprung zum privaten Vorteil genutzt haben. "Wir hatten ein Compliance-System, das den gesetzlichen Vorgaben entsprach, aber nicht mehr zeitgemäss ist und deshalb zu Recht verändert wird", sagte BaFin-Chef Felix Hufeld der "Wirtschaftswoche". "Kann ich aber den 85 Mitarbeitern einen Vorwurf machen, die Wirecard-Aktien gehandelt haben? Nein, denn bisher gibt es keinerlei Hinweise darauf, dass sie Insiderwissen genutzt haben", sagte er.
Die BaFin prüft derzeit private Börsengeschäfte ihrer Mitarbeiter, bei denen der Kurs der Wirecard AG eine Rolle spielte, also zum Beispiel Kauf oder Verkauf von Aktien des Unternehmens. Künftig soll BaFin-Beschäftigten der Handel mit Einzelwerten der von der Behörde beaufsichtigten Unternehmen untersagt werden. Der Finanzaufsicht sind mittlerweile fast 500 private Geschäfte ihrer Mitarbeiter mit Bezug zum Skandalunternehmen Wirecard bekannt, wie jüngst aus einer Auskunft des Bundesfinanzministeriums an den FDP-Abgeordneten Frank Schäffler hervorging.
Der inzwischen insolvente frühere Dax -Konzern Wirecard hatte im Juni Luftbuchungen von 1,9 Milliarden Euro eingeräumt und in der Folge Insolvenz angemeldet. Die Münchener Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass das Unternehmen seit 2015 Scheingewinne auswies, und ermittelt wegen gewerbsmässigen Bandenbetrugs.
Wirecard-Untersuchungsausschuss verhängt Ordnungsgelder
Der Wirecard-Untersuchungsausschuss hat Ordnungsgelder gegen mehrere Zeugen verhängt, weil sie trotz Befreiung von ihrer Verschwiegenheitspflicht jede Aussage im Zusammenhang mit dem insolventen Zahlungsdienstleister verweigert haben. Die Abgeordneten hätten "auf Granit gebissen, als sie sich mit der Rolle der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft EY" bei dem Finanzdienstleister beschäftigen wollten, teilte der Bundestags-Pressedienst mit.
Für zwei Spitzenmanager, die "zahllose Fragen an sich abprallen ließen und sich nur abstrakt zur Prüfthematik äußerten", sei jeweils ein Ordnungsgeld von 1'000 Euro verhängt worden. Dies sind laut Abgeordneten die EY-Manager Christian Orth und Stefan Heissner. 1'000 Euro muss demnach auch der Berater Frank Stahl von der Firma Baker Tilly zahlen. Ergeht Einspruch gegen diese Ordnungsgelder, muss der Fall direkt vom Bundesgerichtshof geklärt werden, war zuvor bereits aus dem Ausschuss verlautet.
Die Zeugen sprachen den Angaben zufolge von der Gefahr einer strafrechtlichen Verfolgung, wenn sie sich nicht an ihre Verschwiegenheitspflicht hielten. Davon waren sie zwar vom Insolvenzverwalter und der neuen Unternehmensspitze befreit worden. Doch die ursprünglichen Auftraggeber - die alte Unternehmensführung um den inhaftierten Ex-Chef Markus Braun und den flüchtigen Ex-Vorstand Jan Marsalek - müssten dies auch tun, argumentierten die Anwälte der Manager den Angaben zufolge.
Vor den Aussageverweigerungen hatte die Befragung des KPMG-Prüfers Alexander Geschonneck in der insgesamt 14stündigen Sitzung nach Darstellung von Ausschussmitgliedern den Druck auf den jahrelangen Abschlussprüfer EY erhöht. "Der Auftritt von Alexander Geschonneck hat sehr klar die eklatanten Defizite bei den Jahresabschlussprüfungen der Wirecard AG offen gelegt", sagte der Grünen-Politiker Danyal Bayaz.
Erhebliche Zweifel an Unterlagen
Der SPD-Abgeordnete Jens Zimmermann erklärte, nach den Aussagen Geschonnecks "verdichtet sich ein klares Bild: Millionen und Milliarden der Wirecard AG auf Konten in Singapur und den Philippinen haben nie existiert". Es bestehe erheblicher Zweifel, "ob dem jahrelangen Abschlussprüfer EY jemals geeignete Unterlagen vorlagen, um die Existenz der Konten zu bestätigen". Deutlich geworden sei auch, dass der Wirecard-Betrug "bei einer ordnungsgemäßen Abschlussprüfung aufgeflogen" wäre.
Geschonneck, der die Sonderuntersuchung von KPMG bei Wirecard geleitet hatte, schilderte zu Beginn der bis Freitagmorgen um 3.30 Uhr dauernden Ausschusssitzung laut Bundestag, wie den Prüfern von dem Unternehmen "erhebliche Hürden und Hindernisse" aufgebaut worden seien. Unterlagen seien zu spät geliefert worden, Terminvereinbarungen geplatzt. Er sprach laut den Angaben von "zahlreichen Untersuchungshemmnissen".
Vor dem Ausschuss schilderte der Wirtschaftsinformatiker demnach, wie sein zeitweise 40-köpfiges Team angeblichen Konten und Kunden von Wirecard in Asien nachgespürt habe. Für deren Existenz habe es "keine ausreichenden und angemessenen Nachweise" etwa für Umsatzerlöse, Überweisungen oder Händlerbeziehungen gegeben.
Er berichtete laut den Angaben auch von einer Reise im März nach Manila, wo die KPMG-Untersucher Belege sichern wollten. In zwei Bankfilialen sei ihnen nur mündlich versichert worden, dass es Konten gebe, die ein Treuhänder für Wirecard eingerichtet habe. Zugesagte schriftliche Unterlagen seien nie gekommen. Wirecard-Titel verteuern sich via XETRA zeitweise um 6,64 Prozent auf 0,533 Euro. FRANKFURT / DÜSSELDORF / BERLIN (Dow Jones / AWP)
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