Experten-Kolumne |
03.07.2014 17:03:28
|
«Einheitskrankenkasse - die Augenwischerei der Politik»
Kolumne
Im September 2014 stimmen wir über die von der SP vor zwei Jahren unter dem Motto «günstig und gerecht» lancierte Volksinitiative zur Schaffung einer Einheitskrankenkasse ab. Die wirklichen Fakten für die Abstimmung lesen Sie hier.
Dies, nachdem das Stimmvolk in den Jahren zuvor schon zwei ähnliche Initiativen verworfen hatte. Bereits im Herbst 2012 hatte der Bundesrat entschieden, die neuerliche Initiative abzulehnen. Damals wollte er ihr noch einen präzisierten indirekten Gegenvorschlag gegenüberstellen. Nach der scharfen Kritik an diesem Gegenvorschlag zog er ihn allerdings im Herbst 2013 zurück, blieb aber bei seiner Ablehnung der Initiative. In der Wintersession 2013 beschloss der Ständerat als Erstrat ebenfalls, die Abstimmungsvorlage zur Ablehnung zu empfehlen. In der Frühjahrssession 2014 folgte nun auch der Nationalrat der Empfehlung des Bundesrats.
Mit der geforderten «günstigen und gerechten» Einheitskasse betreiben die Initianten Augenwischerei. Denn schon heute verstehen die Versicherten nicht, wie sie gegen Krankheit und Unfall versichert sind. Ein gesunder Wettbewerb, wie er heute zwischen den Anbietern besteht, fördert nachweislich innovative Produkte und einen Preiskampf, von dem die Versicherten profitieren. In diesem Prozess werden - auch dank der Beratung - die Kenntnisse der Versicherten über die Leistungen der Grundversicherung verbessert. Eine Einheitskasse würde dagegen die Komplexität des Gesundheitssystems für die Versicherten unnötig erhöhen.
Heute haben viele Versicherte ihre Zusatzversicherung bei derselben Krankenkasse, bei der sie auch die Grundversicherung abgeschlossen haben. Bei einem Ja zur Einheitskasse wären diese Versicherten systembedingt gezwungen, zwei Krankenkassen zu haben. Der Versicherte müsste demnach bei jeder Rechnung aufs Neue überlegen, ob er diese nun an die Einheitskasse oder an die Zusatzversicherung zu schicken hat. Möglicherweise ist es dem Versicherten auch nicht mehr bewusst, ob er überhaupt Zusatzversicherungen braucht und in welchen Fällen diese bezahlt. All dies macht es für ihn umständlicher. Durch den wegfallenden Wettbewerb in der Grundversicherung wird es für ihn ausserdem teurer. Denn die Teuerung in der Grundversicherung, die in erster Linie durch die demografischen Probleme und die dementsprechenden steigenden Gesundheitskosten getrieben wird, kann auch eine Einheitskasse nicht aufhalten.
Zudem stellt sich die Frage, welche Krankenkasse in welchem Kanton zur Einheitskasse werden soll. Verfügt die betreffende Kasse im jeweiligen Kanton über genügend Büroräumlichkeiten und Personal? Oder müssen diese Ressourcen an diesem Ort erst geschaffen werden? Und bedeutet dies, dass sie an anderen Orten abgebaut werden müssen? So oder so entstehen dabei zusätzliche Kosten, die das System belasten.
Hinzu kommt, dass schon heute eine Kluft zwischen den Krankenkassen besteht, wie der von der CSS Versicherung, Helsana, Sanitas und KPT vor Jahresfrist gegründete Verband Cura Futura belegt. Die Differenzen sind nachvollziehbar, wenn man bedenkt, dass die Versicherer unterschiedliche Strategien verfolgen und über einen unterschiedlichen Bestand verfügen. Die kontroversen Standpunkte zeigen sich ebenso hinsichtlich der Verbesserung des Risikoausgleichs, der sich als heisses Eisen erwiesen hat. Ein Konsens in der Frage, welche Krankenkasse Einheitskasse werden soll, erscheint damit umso unwahrscheinlicher.
Bei der Abstimmung über die Einheitskasse müssten sich die Stimmberechtigten insbesondere vor Augen führen, welche Vorteile ihnen aus dem heute funktionierenden Wettbewerb erwachsen, und sich ihres derzeit existierenden Selbstbestimmungsrecht bewusst werden. So können sie heute beispielsweise ein Hausarztmodell wählen und haben einen Spielraum bei der Bestimmung ihrer Franchise. Der informierte Versicherte kann im bestehenden System selbständig Kosten sparen, indem er zu einem günstigeren Anbieter wechselt, seine Franchise anpasst oder ein alternatives Modell wählt.
Diese Wahl erfolgt freiwillig und wird mit günstigeren Prämien belohnt. Eine Einheitskasse ermöglicht dem Versicherten diese Wahl nicht mehr. Und günstiger werden die Prämien damit auch nicht, da die Kosten nicht sinken werden. Es kommt lediglich zu einer Umverteilung, bei gleichzeitig steigendem administrativem Aufwand. Nicht zuletzt würde ein Ja zur Initiative den Beratungsbedarf der Versicherten erhöhen. Aber wieso sollten sich die Versicherten auch ihre bestehenden Wahlmöglichkeiten und individuellen Kostensparmöglichkeiten mit der Annahme der Initiative aus freien Stücken einschränken wollen?
<
Rolf Wirz, Vorsitzender der Geschäftsleitung, Maklerzentrum Schweiz AG, Basel
Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schliesst jegliche Regressansprüche aus.
Inside Fonds
Meistgelesene Nachrichten
Weitere Artikel dieses Kolumnisten
Keine Nachrichten verfügbar. |
Börse aktuell - Live Ticker
US-Inflationsdaten im Blick: US-Techtitel haussieren -- SMI schliesst im Plus -- DAX beendet Handel fester -- Börsen in Fernost schliessen zurückhaltend - Hang Seng im MinusDie heimische Börse zeigte sich am Mittwoch mit Gewinnen. Der deutsche Leitindex präsentierte sich letztendlich ebenso höher. Die US-Anleger zeigen sich unentschlossen. Die asiatischen Aktienmärkte tendierten unterdessen zur Wochenmitte uneinheitlich.
finanzen.net News
Datum | Titel |
---|---|
{{ARTIKEL.NEWS.HEAD.DATUM | date : "HH:mm" }}
|
{{ARTIKEL.NEWS.BODY.TITEL}} |