Experten uneinig |
16.07.2023 16:49:00
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Rohstoffpreise im Sinkflug: Indikator für weltweite Rezession?
Der S&P GSCI Commodities Index, ein wichtiger Benchmark für den Rohstoffsektor, befindet sich seit mehreren Monaten im Sinkflug. Laut einigen Analysten könnte dies auf eine Abschwächung der globalen Konjunktur und eine bevorstehende Rezession hindeuten. Andere Experten sehen jedoch abweichende Gründe.
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Jetzt informieren• Preisverfall bei Rohstoffen als Signal für möglichen wirtschaftlichen Abschwung
• Viele Rohstoffpreise zu Beginn des Ukraine-Kriegs kräftig gestiegen
Der S&P GSCI Commodities Index misst die Gesamtperformance verschiedener Rohstoffmärkte und ist somit ein wichtiger Benchmark für den Sektor. In den letzten 12 Monaten ist der Index um rund 15 Prozent eingebrochen, allein seit Jahresbeginn ging es um rund 8,3 Prozent abwärts (Stand: 13. Juli 2023). Besonders unter Druck standen laut "CNBC" dabei Energierohstoffe wie Öl oder Erdgas, die innerhalb eines Jahres rund ein Viertel an Wert verloren, während Industriemetalle wie Kupfer nur vergleichsweise geringe Verluste hinnehmen mussten. Der Gesamtbereich der Agrarrohstoffe, zu dem unter anderem Zucker oder Weizen zählen, konnte hingegen sogar Gewinne verbuchen.
"Rohstoffe wie Industriemetalle tendieren dazu, vor wirtschaftlichen Frühindikatoren wie PMIs zu fallen und haben in der Vergangenheit dabei geholfen, zu signalisieren, wann ein Abschwung eintreten könnte", sagte Jim Wiederhold, Director of Commodities and Real Assets bei S&P Dow Jones Indices, gegenüber "CNBC". Auch Roland Morris, Rohstoffstratege beim Fondsanbieter VanEck, glaubt laut "MarketWatch", dass die fallenden Rohstoffpreise darauf hindeuten, dass eine Rezession in den USA - und womöglich auch weltweit - kurz bevorstehen könnte. "Der allgemeine Rückgang bei Rohstoffen seit dem Höchststand im März 2022 lässt auf eine Verlangsamung des US-amerikanischen und globalen Wachstums schliessen, und das tatsächliche verlangsamte Wachstum hat die Rohstoffpreise unter Druck gesetzt", so Morris. "Die am meisten erwartete Rezession der Geschichte könnte diesen Sommer kommen", warnte der Rohstoffstratege.
Chinas Wirtschaftsversagen belastet Rohstoffmärkte - Sorgen bei Experten
Zahlreiche Analysten sind sich einig, dass die fallenden Preise für Rohstoffe zumindest darauf hindeuten, dass sich Unternehmen und Verbraucher auf eine wirtschaftliche Talfahrt vorbereiten. "Im Allgemeinen brachen viele wichtige Rohstoffe in den letzten Monaten ein, da Unternehmen und Verbraucher ihre Nachfrage im Vorfeld eines möglichen Wirtschaftsabschwungs reduzierten", so Jim Wiederhold von S&P Dow Jones Indices gegenüber "CNBC".
Ein Grund dafür liegt in China, wo die Wiederöffnungseffekte nach zahlreichen COVID-Lockdowns schwächer ausgefallen sind als erwartet und mehrere Konjunkturdaten enttäuscht haben. "Das Versäumnis der chinesischen Wirtschaft, die Erwartungen des Marktes zu erfüllen, ist der Hauptgrund dafür, dass die Rohstoffmärkte Schwierigkeiten haben, Fuss zu fassen", sagte Reid I'Anson, Senior Commodity Analyst bei Kpler, einem Anbieter von Rohstoffdaten und Analysen, gegenüber dem US-Sender. Ein aggressives Konjunkturpaket der chinesischen Regierung lässt bislang auf sich warten - und selbst wenn es noch käme, müsse es "zum jetzigen Zeitpunkt beträchtlich sein, um die Märkte zu beeindrucken", so der Kpler-Experte.
Auch Analyst Matty Zhao von der Bank of America zeigte sich mit Blick auf China besorgt. So seien dort die Investitionen im Immobilienbereich im Vergleich zum Vorjahr um rund sieben Prozent gesunken, sagte er laut "CNBC". Das gehe jedoch oft mit einem Nachfrageeinbruch - und einem entsprechenden Preisverfall - für die Metalle einher, die im Bausektor benötigt würden. Dazu zählen etwa Stahl, für dessen Herstellung Eisenerz benötigt wird, Aluminium, Kupfer und Nickel. Laut "DW" sei die chinesische Bauindustrie 2022 für 23 Prozent des Verbrauchs dieser Metalle in China verantwortlich gewesen. Eine schnelle Erholung des chinesischen Immobiliensektors sei indes nicht zu erwarten.
Gemischte Einschätzungen zu Rohstoffpreisen: Weltbank bleibt optimistisch
"Eisenerz und Kupfer sind gute Barometer für die sehr zyklischen Teile der Weltwirtschaft, einschliesslich Baugewerbe und verarbeitendes Gewerbe, die sich vielerorts in einer Rezession befinden", gab Kpler-Analyst Reid I'Anson laut "CNBC"zu bedenken. Die Preise der beiden Rohstoffe haben sich jedoch laut Daten von "Markets Insider" seit Jahresbeginn insgesamt kaum verändert. I'Anson glaubt dennoch an einen umfassenderen Rückgang der Wirtschaftstätigkeit "insbesondere im Westen" und erwartet für die USA einen BIP-Rückgang entweder im vierten Quartal 2023 oder spätestens im ersten Jahresviertel 2024. Europa werde dann drei bis sechs Monate später den gleichen Weg einschlagen.
Ganz anderer Meinung ist hingegen Ayhan Kose, stellvertretender Chefökonom der Weltbank. "Der Rückgang der Rohstoffpreise ist teilweise auf ein langsameres globales Wachstum zurückzuführen, sollte aber nicht als Signal für eine drohende globale Rezession gewertet werden", sagte er gegenüber "DW". So sei zwar auch der Rohstoffpreisindex der Weltbank in den ersten fünf Monaten des Jahres zurückgegangen, dies spiegele jedoch vor allem eine Umlenkung wichtiger Rohstoffexporte aus Russland und der Ukraine, günstiges Winterwetter und eine Verlangsamung der globalen Wirtschaftsaktivität wider. "Wir gehen davon aus, dass die Weltwirtschaft trotz ihrer Schwäche in den Jahren 2023 bis 2024 nicht in eine Rezession abrutschen wird", so Kose weiter.
Experten über Grund für Preisrückgänge uneinig
Womöglich täuscht also auch der Preisrückgang bei Rohstoffen und dem S&P GSCI Commodities Index über die vergangenen zwölf Monate etwas, da die Preise zahlreicher Rohstoffe Anfang 2022 mit dem Beginn des Ukraine-Kriegs in die Höhe geschossen waren. So verteuerten sich etwa Öl, Gas, Getreide oder Pflanzenöle nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine massiv, inzwischen sind die Preise jedoch wieder etwas zurückgekommen. Auch der S&P GSCI Commodities Index liegt - trotz der bereits erwähnten deutlichen Rückgänge in den letzten 12 Monaten beziehungsweise seit Jahresstart - aktuell nur knapp unter dem Niveau, das er zum Jahresstart 2022 erreicht hatte, und notiert mit Sicht auf einen Drei- oder Fünf-Jahres-Zeitraum sogar im Plus (Stand: 10. Juli 2023).
Im Energiesektor seien sinkende Erdgas- und Kohlepreise ein Ausdruck "der politischen Überreaktionen gegenüber der Ukraine und Russland sowie der Manipulation durch die Regierungen", sagte Will McDonough, Vorstandsvorsitzender der Energy and Minerals Group (EMG) Advisors laut "MarketWatch". Im vergangenen Sommer hatte beispielsweise der Erdgaspreis den höchsten Stand seit mehr als zehn Jahren markiert, nachdem Russland die Lieferungen über die Nordstream-Pipeline zunächst gekürzt und schliesslich ganz gestoppt hatte. Der schwache Energieverbrauch in Europa, teilweise aufgrund eines warmen Winters, habe jedoch dazu geführt, dass die Gasspeicherung in der EU auf den höchsten Stand seit fünf Jahren gestiegen sei, was wiederum die Preise gedrückt habe, sagte Matty Zhao von der Bank of America laut "CNBC".
Geetesh Bhardwaj, Forschungsdirektor bei SummerHaven Investment Management, ist sich hingegen sicher, dass der Rückgang der Rohstoffpreise nicht auf Fundamentaldaten basiere, da diese angesichts der Mehr-Jahres-Tiefs bei den Lagerbeständen vieler Rohstoffe angespannt seien. Rohstoffe hätten eindeutig eine "harte Landung" für die Wirtschaft eingepreist, so Bhardwaj laut "MarketWatch". Wer von den Experten am Ende Recht behält, wird sich somit erst noch zeigen müssen.
Redaktion finanzen.ch
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Kohlepreis | 121.85 | -0.65 | -0.53 | |
Kupferpreis | 8’883.96 | -39.30 | -0.44 | |
Nickelpreis | 15’891.50 | 82.50 | 0.52 | |
Weizenpreis | 216.00 | 1.50 | 0.70 | |
Zuckerpreis | 0.22 | 0.00 | 0.97 | |
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