Schwierige Zeiten |
26.12.2023 19:52:00
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Droht Tesla-Konkurrent Nikola die Pleite? So hoch ist die Chance laut Experten wirklich
Der Hersteller von Wasserstoff-LKWs Nikola kommt aktuell nicht aus den Negativschlagzeilen. Erst kündigte das Unternehmen vor Kurzem an, mehr Schulden zu machen, kurz darauf wurde Ex-CEO und Gründer Trevor Milton zu einer Gefängnisstrafe verurteilt. MacroAxis sieht für den Tesla-Rivalen daher nicht mehr viele Chancen.
• Mehr Schulden, Trevor Milton-Urteil und unklare Produktstrategie belasten
• MacroAxis hält Bankrott für sehr wahrscheinlich
Für den Hersteller von Fahrzeugen, die auf Elektrobatterien und Wasserstoffzellen basieren, wird die Luft immer dünner. In den letzten Monaten häuften sich die Negativschlagzeilen zu dem Tesla-Konkurrenten, dessen Zukunft immer ungewisser wird.
Das lässt sich auch an der Aktienentwicklung Nikolas ablesen. So ist eine Nikola-Aktie aktuell deutlich unter einem US-Dollar wert, der letzte Schlusskurs lag bei 0,8530 US-Dollar (Stand: 20. Dezember 2023). In diesem Jahr ging es für den Anteilsschein bereits 60,51 Prozent abwärts. Laut Daten des Wall Street Journals sind zudem fast 22 Prozent der Papiere des Unternehmens leerverkauft. Schwer vorstellbar, dass die Nikola-Aktie im Juni 2020 noch ein Rekordhoch bei 69 US-Dollar markierte.
Ex-CEO und Nikola-Gründer zu vier Jahren Haft verurteilt
Dass sich das Unternehmen seit seinem SPAC in 2020 derart abwärts entwickelte, ist auch dem ehemaligen CEO und Gründer Trevor Milton geschuldet, der erst in dieser Woche zu einer vierjährigen Haftstrafe verurteilt wurde. So wurde dem Startup-Gründer zulasten gelegt, Investoren bewusst bezüglich des Entwicklungsstands seiner Produkte und der zugrundeliegenden Technologie getäuscht zu haben. Konkret hatte Milton beispielsweise öffentlich behauptet, über einen "voll funktionsfähigen EV-Truck-Prototypen zu verfügen, der sogenannte "Nikola One", der in Wirklichkeit weder jemals vervollständigt, noch betriebsfähig war. Diese und weitere falsche Aussagen wurden dem ehemaligen Nikola-Chef, der im September 2020 als CEO zurücktrat, zum Verhängnis. Der Schaden, den sie für den Ruf des Tesla-Konkurrenten bedeuteten, ist noch heute spürbar.
Nikola-Chef Steve Girsky optimistisch
Dennoch gibt sich Nikola-CEO Steve Girsky kämpferisch und glaubt weiterhin an die Zukunft des Herstellers von Wasserstoff-LKWs. So heisst es in der Pressemitteilung zum dritten Quartal 2023: "Ich bin stolz auf das Nikola-Team und habe es genossen, diese talentierte und widerstandsfähige Gruppe in meinem ersten Quartal als CEO zu führen. Wir ziehen weiterhin erstklassige Mitarbeiter an, um unseren Geschäftsplan umzusetzen und daran zu arbeiten, uns als Marktführer im Bereich des emissionsfreien kommerziellen Transports zu etablieren."
Doch wie Forbes schreibt, ist auch der aktuelle Nikola-Chef Girsky unter Anlegern kein unbeschriebenes Blatt. Denn Steve Girsky ist der ehemalige Leiter des Börsenmantels VectoIQ Acquisition Corp. II und damit jenem Unternehmen mit dem Nikola anlässlich seines SPACs im Juni 2020 fusionierte, um den Schritt an die Börse zu machen. Im Zuge des Verfahrens gegen Milton durch die US-Staatsanwaltschaft wurde dem ehemaligen CEO vorgeworfen vor und nach dem Börsengang seine Falschaussagen über Nikola verbreitet zu haben, um Kleinanleger von dem Erfolg seines Unternehmens zu überzeugen und somit eine höhere Bewertung Nikolas zu erreichen. Wie FreightWaves schreibt, hätten die Lügen Miltons "mehr als 550 Millionen US-Dollar" aus den Taschen der Anleger gezogen.
Unklare Produktstrategie von Nikola
Neben dieser Problematik wird Nikola an der Börse zudem aufgrund seiner unklaren Produktstrategie gemieden. Denn die LKWs des Unternehmens basieren auf zwei Technologien - der Wasserstoffzellen- und Batterietechnologie. Auch wenn Nikola schon seit seiner Gründung an der Wasserstoff-Technologie arbeitet, sind bisher noch keine Wasserstoff-LKWs ausgeliefert worden, wie Forbes zusammenfasst. Wie aus dem Quartalsbericht Nikolas hervorgeht, wurde zudem im August 2023 ein freiwilliger Rückruf der ausgelieferten Elektrobatterie-LKWs durchgeführt, da ein Problem mit den Batteriepacks festgestellt wurde. Nikola schätzt die Kosten des Rückrufs und der Reparatur auf rund 61,8 Millionen US-Dollar.
Hinzu kommt, dass Nikola seit der Gründung seine Strategie abgeändert hat. Wie Forbes erklärt, hätte das Unternehmen bei seiner Gründung den Fokus auf Wasserstoff-Trucks gelegt, die Strom aus Wasserstoff erzeugen und somit nicht auf Batterien zurückgreifen. Im Jahr 2022 wurde dann jedoch mit dem Bau des Nikola Tre BEV begonnen, einem Elektro-Truck wie er auch von Tesla hergestellt wird. Das Wall Street Journal schreibt, dass dieser Schritt unternommen worden sei, um auf dem gewerblichen LKW-Markt "ein Bewusstsein" für Nikola zu schaffen und dem Unternehmen bereits Erfahrungen mit der Montage für die Herstellung des Wasserstoffmodus zu verschaffen. Allerdings kämpft das Startup auf dem Markt für E-LKWs mit einer geringen Nachfrage. Gleichzeitig ist die Produktion des Tre BEV jedoch sehr teuer für Nikola, was auch deshalb ein Problem ist, weil das Unternehmen ohnehin über wenig Cash-Reserven verfügt.
Mehr Schulden nötig
So kündigte Nikola Anfang Dezember an, mehr Schulden aufnehmen zu müssen. Dies geschehe laut CEO Girsky über die Ausgabe von grünen Wandelanleihen in Höhe von 175 Millionen US-Dollar. Der jährliche Zinssatz betrage dabei 8,25 Prozent, die Begleichung solle bis zum 15. Dezember 2026 erfolgen. Darüber hinaus gab der CEO die Ausgabe von insgesamt 133'333'334 neuer Stammaktien zum Preis von 0,75 US-Dollar je Anteilsschein bekannt, die mittlerweile abgeschlossen ist. An der Börse sorgte die Nachricht für zweistellige Abschläge bei der Nikola-Aktie.
Vor dem Hintergrund der prekären Lage des Unternehmens, warnte Nikola im Übrigen schon im Februar 2023 im Rahmen einer Einreichung bei der US-Regierung, dass es durchaus möglich sei, dass man innerhalb der folgenden zwölf Monate zahlungsunfähig werde und den Betrieb "modifizieren oder beenden" werden müsse.
MacroAxis sieht Nikola-Bankrott als sehr wahrscheinlich an
Und so ist es denn auch kein Wunder, dass die US-Investmentanalysefirma MacroAxis die Bankrottwahrscheinlichkeit Nikolas unter den derzeitigen Wirtschafts- und Marktbedingungen innerhalb der nächsten zwei Jahre auf 81 Prozent schätzt, wie das Unternehmen auf seiner Webseite schreibt.
Bei einem Blick auf die FactSet-Analystenschätzungen zeichnet sich ab, dass sich ein Grossteil der befragten Strategen unsicher darüber zu sein scheint, wie mit dem Nikola-Anteilsschein verfahren werden sollte. So geben von insgesamt sieben Experten der Aktie ein "Hold"-Rating. Darüber hinaus erhält das Papier auch eine Kaufempfehlung. Fünf Analysten haben ausserdem ein Kursziel für die Nikola-Aktie ausgegeben, das mit 2,2 US-Dollar im Mittel deutlich über dem letzten Schlusskurs liegt. Die Hoffnung auf einen langfristigen Erfolg des Tesla-Konkurrenten haben die Experten demnach noch nicht aufgegeben. Nun bleibt abzuwarten, ob Nikola diesen Hoffnungen auch gerecht werden kann.
Redaktion finanzen.ch
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