Panik nicht angebracht |
13.03.2023 16:10:00
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Experte kritisiert Marktpanik nach SVB-Schock als übertrieben - HSBC kauft britisches Geschäft - Bafin ordnet Moratorium an - HSBC-Aktie verliert
Die jüngsten Schockwellen auf den internationalen Finanzmärkten nach der Schieflage des US-Start-Up-Finanzierers SVB sind aus Sicht von Bankenexperten übertrieben.
"Der Kurssturz war unangebracht, weil die Silicon Valley Bank ein sehr spezielles Geschäftsmodell verfolgt, das wirklich keine Ähnlichkeiten zu denen fast aller Banken der meisten Länder aufweist", sagte der Ökonomie-Professor. Es bestehe also kein Systemrisiko und kein Grund zu weiterreichenden Befürchtungen. "Die schnelle weitgehende Kurserholung war vollauf gerechtfertigt."
Ähnlich äusserte sich Finanzmarktexperte Wolfgang Gerke. "Die SVB Bank gefährdet nicht den internationalen Kapitalmarkt. Ihr Klumpenrisiko aus der Start-Up-Finanzierung ist untypisch für den Bankensektor", sagte der Präsident des Bayerischen Finanzzentrums der dpa. "Deutsche Banken sind mit ihren Eigenkapitalpuffern und Geschäftsmodellen stabil aufgestellt. Gefahren in den USA drohen aus den grossen Anleiheportfolios kleinerer Banken", betonte der Ökonomie-Professor.
Bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) hiess es auf Anfrage: "Wir haben die aktuellen Entwicklungen im Blick und berücksichtigen sie im Rahmen unserer laufenden Aufsicht."
Das auf Start-up-Finanzierung spezialisierte US-Geldhaus Silicon Valley Bank (SVB) ist nach einer gescheiterten Notkapitalerhöhung vorübergehend geschlossen und unter staatliche Kontrolle gestellt worden. Das gab die US-Einlagensicherung FDIC am Freitag bekannt. Bei der 1983 gegründeten SVB war es in den vergangenen Tagen im Zuge von Liquiditätssorgen zu immensen Mittelabzügen gekommen.
Die Aktien von SVB waren am Freitag nach einem Kursrutsch aufgrund der akuten Notlage vom Handel ausgesetzt worden. Auch andere Banken gerieten an der Börse erheblich unter Druck. Die SVB hatte schon am Donnerstag für Unruhe gesorgt, als sie überraschend die Ausgabe von Aktien angekündigt hatte, nachdem ein grösserer Verkauf von Vermögenswerten zu einem Verlust führt. Die Aktien verbuchten allein am Donnerstag ein Minus von gut 60 Prozent.
Auch die freiwillige Abwicklung der US-Kryptobank Silvergate Capital hatte Schockwellen durch Teile des Finanzsektors geschickt. Silvergate hatte im Zuge der Pleite der Kryptobörse FTX bereits gewarnt, das Geschäft möglicherweise einstellen zu müssen. Silvergate kündigte aber an, sämtliche Kundeneinlagen zurückzuzahlen.
Die Furcht vor Kreditausfällen im Bankensektor hatte sich wieder verstärkt, die Probleme der US-Banken sorgten auch an den europäischen Börsen für Verunsicherung und liessen etwa die Kurse von Deutscher Bank und Commerzbank zeitweise deutlich absacken.
Aus Sicht des Harvard-Professors und früheren US-Finanzminister Larry Summers sind grosse Sorgen vor Ansteckungsgefahren übertrieben. Im Sender Bloomberg TV sprach er von "Überreaktion". Solange die Krise bei SVB vernünftig bewältigt und Kundengelder ausgezahlt würden, sei von keinen systemischen Risiken für den Bankensektor auszugehen.
Technologiefirmen leiden besonders unter den aktuell hohen Zinsen, weil sich dadurch ihre Refinanzierung erschwert. Zudem besteht die Gefahr, dass Kredite nicht mehr bedient werden können. Ein hohes Zinsniveau drückt zudem auf die Bewertung der Unternehmen, da in einem solchen Umfeld die für die Zukunft in Aussicht gestellten Gewinne aus heutiger Sicht weniger wert sind. Kunden der Silicon Valley Bank aus der Tech-Branche hatten nun zuletzt Einlagen abgezogen, weil sie selber Liquidität benötigten.
Die hohen Kursverluste vieler Bankenaktien im Sog von SVB hatte die Stimmung für die Branche insgesamt stark eingetrübt. Am Donnerstag war es zum grössten Ausverkauf im Bankensektor seit fast drei Jahren gekommen, wie der Einbruch des KBW Bank Index um 7,7 Prozent zeigte. Am Freitag büsste das wichtige Branchenbarometer 3,9 Prozent ein.
Silvergate und SVB "sind in der Tat Opfer desselben Phänomens, da die Straffung der US-Geldpolitik den Schaum aus den Teilen der Wirtschaft mit den meisten Überschüssen abschöpft - und es ist schwer, mehr Überschüsse zu finden als in Krypto- und Tech-Startups", sagte Analyst Adam Crisafulli von Vital Knowledge am Freitag.
"Noch scheint die Silicon Valley Bank ein Einzelfall zu sein", betonte auch Fondsmanager Thomas Altmann vom Vermögensverwalter QC Partners. "Aber wie gross die Ansteckungsgefahren unter Banken sind, das haben frühere Krisen gezeigt. Deshalb reagieren Anlegerinnen und Anleger so sensibel auf die Nachrichten aus Kalifornien." Auch ein anderer Händler sprach eher von einem Stimmungsdämpfer. Ein direkter Fingerzeig für den Sektor seien die Probleme der SVB dagegen nicht.
Joachim Klement von der Investmentbank Liberum Capital sprach von wachsenden Ängsten vor einer Kreditklemme. Allerdings geht auch er nicht davon aus, dass die Situation der SVB eine unmittelbare Bedrohung für das europäische Bankensystem darstellt. Das US-Institut habe ein sehr spezielles Geschäftsmodell und sei auf Wagniskapital sowie die Finanzierung junger Wachstumsunternehmen spezialisiert. Das sei innerhalb der Bankenszene ziemlich einmalig. Notleidende Kredite dürften im laufenden Jahr zwar zunehmen, aber die Reserven der Banken in Europa und den USA seien ausreichend, um Probleme aufzufangen.
HSBC kauft britisches Geschäft von Silicon Valley Bank für 1 Pfund
HSBC hat den britischen Unternehmensbereich der kollabierten Silicon Valley Bank erworben. Wie die HSBC Holdings PLC mitteilte, hat sie die Silicon Valley Bank UK Ltd (SVBUK) für 1 britisches Pfund gekauft. HSBC und das britische Finanzministerium teilten mit, dass alle Einlagen bei der SVBUK sicher seien und dass alle Geschäfte wie gewohnt weitergeführt werden. Die Übernahme werde dazu beitragen, HSBCs Marktposition in Grossbritannien zu stärken, so die britische Bank. Der Abschluss der Übernahme fand unmittelbar statt.
Mit Stand 10. März verfügte SVBUK über Kredite in Höhe von rund 5,5 Milliarden Pfund und Einlagen in Höhe von rund 6,7 Milliarden Pfund, während sich das materielle Eigenkapital auf rund 1,4 Milliarden Pfund belaufen dürfte.
Die britische Notenbank, die Bank of England, teilte mit, sie habe die Entscheidung zum Verkauf von SVBUK getroffen, um das Unternehmen zu stabilisieren, die Kontinuität der Bankdienstleistungen zu gewährleisten, Störungen im Technologiesektor des Landes zu minimieren und das Vertrauen in das Finanzsystem zu stärken.
Am Freitag war die Muttergesellschaft der SVBUK, die Silicon Valley Bank, nach einem Ansturm auf ihre Einlagen geschlossen worden, sie wurde damit zur zweitgrössten Bankenpleite in der Geschichte der USA. Später am Freitag teilte die BoE mit, dass sie beabsichtige, die SVBUK am Sonntag in ein Insolvenzverfahren zu überführen, sofern sich keine neuen Entwicklungen ergeben.
Bafin ordnet Moratorium über deutschen Zweig der Silicon Valley Bank an
Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) hat die deutsche Zweigstelle der insolventen Silicon Valley Bank (SVB) für den Kundenverkehr geschlossen. Gegenüber der Bank wurde zudem ein Veräusserungs- und Zahlungsverbot erlassen, wie die Bafin mitteilte. Grund sei die bestehende Gefahr für die Erfüllung der Verpflichtungen gegenüber Gläubigern. Das Moratorium habe angeordnet werden müssen, um die Vermögenswerte in einem geordneten Verfahren zu sichern. Die Silicon Valley Bank Germany Branch sei allerdings nicht systemrelevant und ihre Notlage stelle keine Bedrohung der Finanzstabilität dar.
Der US-Mutterkonzern SVB mit Sitz in Santa Clara, Kalifornien, war am 10. März von den US-Behörden geschlossen und unter die Kontrolle des Einlagensicherungsfonds FDIC gestellt worden. Die Bank mit engen Verbindungen zum Technologiesektor hatte zuvor einen Verlust von 1,8 Milliarden US-Dollar beim Verkauf von Wertpapieren vermeldet, was einen Kursrutsch ihrer Aktie auslöste. Ein Ansturm der Kunden auf die Einlagen machte zudem die Pläne des Kreditgebers, sich frisches Kapital zu beschaffen, zunichte. Die 17 Filialen der SVB sollen aber wieder am Montag öffnen.
Die Massnahmen der Bafin gelten solange, bis die weitere Entwicklung für die auf die FDIC übertragenen Geschäfte des Mutterkonzerns geklärt ist, teilte die Finanzaufsicht weiter mit. Die Silicon Valley Bank Germany Branch mit Sitz in Frankfurt am Main verfügte der Mitteilung zufolge zum Jahresende 2022 über eine Bilanzsumme von 789,2 Millionen Euro. Das Institut betreibt in Deutschland das Kreditgeschäft, aber kein Einlagengeschäft.
Die HSBC-Aktie verliert im NYSE Handel zeitweise 1,33 Prozent bei 34,84 US-Dollar.
FRANKFURT/BERLIN (awp international) / (Dow Jones)
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