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08.01.2025 10:14:39

IMK fordert mehr Investitionen, billigen Strom und EU-Industriepolitik

Von Andrea Thomas

DOW JONES--Das gewerkschaftsnahe Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung sieht Deutschlands Konjunkturschwäche als das Ergebnis einer wirtschaftspolitisch neuen Welt und nicht als Folge der hohen Sozialausgaben. Das Institut schlägt drei Massnahmen zur Überwindung der Konjunkturschwäche vor. Dabei geht es in erster Linie um mehr Geld für Investitionen und bezahlbare Energie sowie eine europaweite staatliche Industriepolitik, die die Transformation des Kontinents hin zur Klimaneutralität unterstützt. Dazu müsse die Schuldenbremse verändert werden. Eine sozialstaatliche Reform wie die vom früheren Bundeskanzler Gerhard Schröder eingeführte Agenda 2010 würde hingegen nicht zum Ziel führen, so die Ökonomen.

Die anhaltende Stagnation der deutschen Wirtschaft der vergangenen Jahre ist laut IMK nicht auf überhöhte Lohnkosten oder hohe Sozialausgaben zurückzuführen. Vielmehr sei sie vor allem Konsequenz von sich verändernden weltwirtschaftlichen Rahmenbedingungen, die stark geprägt seien durch einen sich zuspitzenden Machtkampf zwischen den beiden wichtigen Handelspartnern China und USA. Hinzu kämen die Folgen des Energiepreisschocks durch den Wegfall russischen Erdgases als verlässliche Energiequelle. Diese Ursachen müsse die kommende Bundesregierung bei ihren wirtschaftspolitischen Massnahmen berücksichtigen.

Das Fundament der deutschen Wirtschaft sei deutlich solider, innovativer und erfolgsversprechender als es häufig wahrgenommen werde, so die Ökonomen. Das IMK schlug daher erstens vor, dass die kommende Bundesregierung eine Investitionsoffensive zur Modernisierung der Infrastruktur in Angriff nehmen müsse. Zweitens müsse angesichts hoher und volatiler Energiepreise kurzfristig ein Brückenstrompreis eingeführt werden und längerfristig eine Finanzierung des Netzausbaus über öffentliche Schritte. Als dritten Schritt rät das IMK zu einer neuen, in der EU koordinierten Industriepolitik, die zentrale Zukunfts- und Schlüsselbranchen bei der Transformation hin zu klimafreundlichen Prozessen unterstützt.

In der Debatte über die aktuelle Wirtschaftslage heisse es oft, es dürfe in Deutschland kein "Weiter so wie bisher" geben. Das stimmt laut IMK. Denn tatsächlich hätten sich innerhalb weniger Jahre ganz neue Rahmenbedingungen ergeben. Deutschland sei wirtschaftspolitisch in einer neuen Welt.

"Gerade deshalb brauchen wir auch neue Lösungen auf der Höhe der Herausforderungen", sagte Sebastian Dullien, der wissenschaftliche Direktor des IMK. "Eine Art Agenda 2010 in neuer Verpackung, wie sie von konservativer und wirtschaftsliberaler Seite vorgeschlagen wird, würde mehr schaden als nutzen. Das gleiche gilt für das Festhalten an der Schuldenbremse, die in ihrer aktuellen Form dringend notwendige Investitionen, Wachstum und Modernisierung verhindert, obwohl Deutschland mit Abstand die niedrigste Staatsverschuldung unter den Ländern der G7 hat."

Wegbrechen der Industrie verhindern

Die grösste Herausforderung für das neue Jahr und für die nächste Bundesregierung besteht dem Institut zufolge darin, zu verhindern, dass strategisch wichtige Industriebereiche wegbrechen. Gleichzeitig müssten Anreize für Investitionen geschaffen werden, die eine zukunftsfähige Produktion von innovativen Gütern und Dienstleistungen ermöglichen.

"Das ist kein Freifahrtschein für Unternehmen und entlässt keinen Vorstand aus der Verantwortung, auf dem Markt erfolgreiche Strategien und Produkte zu entwickeln", sagte Dullien. Weitere drängende Themen seien etwa ein konstruktiver Einsatz von Künstlicher Intelligenz zur Produktivitätsverbesserung, eine Strategie zur Arbeitskräfteeinwanderung, eine Stärkung der Tarifbindung und bessere Bildung.

Auch in Deutschland und Europa habe die Stunde der Wirtschafts- und Industriepolitik geschlagen, wenn die wichtigsten Länder der Welt darauf setzten, so Dullien. "Und es eröffnet die Chance auf eine strategische Modernisierung, die Wohlstand sichert und gleichzeitig einen Weg aus der Klimakrise eröffnet", sagte er.

Kontakt zur Autorin: andrea.thomas@wsj.com

DJG/aat/sha

(END) Dow Jones Newswires

January 08, 2025 04:15 ET (09:15 GMT)

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