Abschwwung voraus? |
26.07.2022 21:16:00
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Wachstumsängste: Wie eine Rezession für den Aktienmarkt von Vorteil sein könnte
Die USA befinden sich möglicherweise derzeit bereits in einer Rezession, die sich deutlich von den letzten beiden Abschwungphasen unterscheidet. 2022 könnte sich mit seinen sehr unterschiedlichen Krisen jedoch als nicht durchweg schlecht für den Aktienmarkt erweisen.
• Geldpolitik könnte die Vorzeichen an den Aktienmärkten umkehren
• Eine milde Rezession könnte eine Inflation ausbremsen
Zum neunten Mal seit 1990 befindet sich der Aktienmarkt derzeit im Bärenmarkt, worauf in der Vergangenheit mit einer 50-prozentigen Wahrscheinlichkeit eine Rezession in den USA folgte. Durchschnittlich dauerte der Bärenmarkt in der Vergangenheit 14 Monate an. Vom erstmaligen Reissen der entsprechenden Verlustmarke des S&P 500 im Juni 2022 könnte es demnach noch bis August 2023 dauern, bis es zu einer Erholung des Aktienmarktes kommt.
Im Mittel verlor der MSCI World All Countries Index 43 Prozent, wenn auf den Bärenmarkt eine Rezession folgte. Experten betonen jedoch, dass jede Rezession anders sei. So war der letzte coronabedingte wirtschaftliche Abschwung 2020 mit 27 Tagen der kürzeste überhaupt.
Die Finanzkrise 2008 hingegen führte zu einer über eineinhalb Jahre andauernden Wirtschaftsflaute. Nach Daten von Morgan Stanley Research dauerte der Bärenmarkt von Oktober 2007 bis März 2009, bei einem maximalen Rückgang von 57 Prozent.
Zahlreiche Unsicherheitsfaktoren
In den USA und Europa haben die Notenbanken in den vergangenen Wochen auf die hohe Inflation mit Zinserhöhungen reagiert. Daher besteht die Möglichkeit, dass die höheren Zinsen das Wachstum bremsen. "Was wir im Moment sehen, ist der Übergang von den Inflationsängsten zu Wachstumsängsten", zitiert cash den Chefstrategen und Leiter des Multi Asset-Bereichs bei Pictet Asset Management, Anastassios Frangulidis, zur derzeitigen Stimmung an den Börsen. Die Sorgen um die Gewinne der Unternehmen nähmen nun zu, da die steigenden Zinsen bereits an vielen Stellen zu Bewertungskorrekturen geführt hätten.
Auch wenn die steigenden Zinsen am Markt zum Teil schon eingepreist wurden, die Inflation sowie die Auswirkungen des Krieges von Russland gegen die Ukraine bleiben Unsicherheitsfaktoren und machen die Situation umso problematischer. Frangulidis ist sicher, dass die Aktienmärkte eine gewisse Unterstützung im Hinblick auf die Bewertungen erhielten, wenn der Markt zukünftig schwächere Zinserhöhungen einpreise.
Gedrückte Stimmung
Das Stimmungsbarometer der US-amerikanischen CEOs zeigte bereits im Mai nach unten: "Das Vertrauen der CEOs schwächte sich im zweiten Quartal weiter ab, da die Führungskräfte mit steigenden Preisen und Herausforderungen in der Lieferkette konfrontiert waren, die durch den Krieg in der Ukraine und die erneuten COVID-Beschränkungen in China noch verschärft wurden", so Dana M. Peterson, Chief Economist von The Conference Board auf der Unternehmensseite. Über die Hälfte der befragten CEOs geht zudem davon aus, dass sich die Lage zukünftig weiter deutlich verschlechtern werde.
Die höheren Materialkosten und auch die durch den angespannten Arbeitsmarkt angestiegenen Lohnkosten bedeuten für US-amerikanische Unternehmen zu über 50 Prozent, dass sie ihre Kosten an die Kunden weitergeben müssten, was wiederum zu einer Abkühlung der Verbraucherausgaben führen kann, so Roger W. Ferguson, Jr., stellvertretender Vorsitzender des Business Council und Kuratoriumsmitglied des Conference Board.
Unsicherheit am Aktienmarkt
Mit der Erwartung, dass die US-Notenbank die Leitzinsen auf höchstens 3,5 Prozent anhebt, könnten sich die Vorzeichen für die Aktienmärkte umkehren, denn die Geldpolitik bleibt das zentrale Thema. "Don't fight the Fed" bleibt als Grundsatz bestehen.
Wenn die Zinserhöhungen tatsächlich weniger stark als zunächst befürchtet ausfallen, könnten Wachstumsaktien wieder an Auftrieb gewinnen. Defensive Unternehmen mit einer stabilen Entwicklung könnten ebenfalls profitieren, wohingegen überbewertete Value-Aktien sowie Papiere aus dem Banken- oder Rohstoffsektor stärker unter Druck geraten könnten. "Ich denke nicht, dass diese Bewertungsverschiebung noch einmal ein halbes Jahr so weitergehen wird", prognostiziert Remo Rosenau, Analyst der Helvetischen Bank. Die Inflation könnte bereits durch eine milde Rezession ausgebremst werden und damit weitere Zinserhöhungen obsolet machen.
"Jetzt ist nicht der richtige Zeitpunkt, um aus den Aktienmärkten auszusteigen, wenn man dies noch nicht gemacht hat", rät Finanzexpertin Suze Orman Anlegern, die ihr investiertes Geld in den kommenden fünf Jahren nicht benötigen.
Die letzte, coronabedingte Korrekturphase am Aktienmarkt 2020 war nur sehr kurz, daher haben sich Anleger in den letzten zehn Jahren an steigende Aktienmärkte regelrecht gewöhnt. Die Historie zeigt aber, dass es am Aktienmarkt immer wieder zu Abschwungphasen kam, die stabilisierend auf die Aktienmärkte wirkten und Korrekturen erlaubten.
Redaktion finanzen.ch
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