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Wegen Ukraine-Krieg 20.03.2022 16:36:00

Credit Suisse-Analyst: Ende der bisherigen Weltfinanzordnung in Aussicht - Bitcoin könnte profitieren

Credit Suisse-Analyst: Ende der bisherigen Weltfinanzordnung in Aussicht - Bitcoin könnte profitieren

Seit dem Ukraine-Krieg steigen die Preise vieler Rohstoffe rasant an. Für Credit Suisse-Analyst Zoltan Poszar ist die Rohstoff-Hausse ein Vorgeschmack auf langfristige Veränderungen des globalen Währungssystems: Rohstoffe werden Staatsanleihen als Hauptbestandteile der Weltfinanzordnung ablösen, Chinas Währung wird erstarken - und Bitcoin könnte ein grosser Gewinner sein.

• Sanktionen gegen Russland zeigen Instabilität der Finanzmärkte
• Rohstoffe als sichere Häfen
• China und Bitcoin könnten an Bedeutung gewinnen


Der angesehene Analyst Zoltan Poszar, der nach Beraterstellen beim US-Finanzministerium und bei der Federal Reserve Bank derzeit für die kurzfristige Zinsstrategie der Credit Suisse verantwortlich ist, hält den Ukraine-Krieg keineswegs für einen lokalen Konflikt mit geringen Folgen für die Weltwirtschaft. Im Gegenteil: Seiner Ansicht zufolge werde dieser Konflikt fundamentale Veränderungen des globalen Geldsystems herbeiführen, dessen erste Auswirkungen bereits sichtbar seien. Die Weltfinanzordnung werde nach 2022 nicht mehr sein wie zuvor - Poszar erwartet ein neues System, das er "Bretton Woods III" tauft.

Poszar rechnet mit Bretton Woods III

Bei der Einteilung der globalen Geldordnung seit dem Zweiten Weltkrieg folgt Poszar der gängigen Ansicht von Wirtschaftshistorikern, die zwischen zwei Perioden unterscheiden. Von 1944 bis 1971 sah das Bretton Woods-System den US-Dollar als Ankerwährung vor: Die Währungen der 44 teilnehmenden Staaten vereinbarten in Bretton Woods (New Hampshire) einen festen Wechselkurs ihrer Währungen zum US-Dollar, dessen Wert wiederum auf 35 US-Dollar pro Feinunze Gold fixiert war. Jedoch wuchsen die Handelsdefizite der USA mit der Zeit so stark an, dass Präsident Richard Nixon 1971 die Goldkoppelung des Dollars auflöste. Es begann die bis heute anhaltende Zeit der frei konvertierbaren Währungen, die mit Verbindlichkeiten in Währungen anderer Nationen in den Bilanzen der Banken abgesichert sind. De facto handelt es sich dabei hauptsächlich um US-Dollar ausserhalb der USA; zum Beispiel besitzt China Dollar-Reserven im Wert von mehr als drei Billionen US-Dollar. Laut Poszar sei diese zweite Periode, die er "Bretton Woods II" nennt, durch die globale Instabilität infolge des Ukraine-Kriegs an ihrem Ende angekommen - nun folge "Bretton Woods III" mit vollkommen verschiedenen Wirkmechanismen.

Ukraine-Krieg führt zu "Regimewechsel" der Weltfinanzordnung

Poszar sieht die globale Geldordnung an einem Wendepunkt. Das Bretton-Woods-System sei durch Gold gestützt worden, die zweite Periode (1971-2022) war von "Inside Money" (besonders US-Staatsanleihen innerhalb des internationalen Währungsverkehrs) geprägt und in der nun beginnenden dritten Periode werde "Outside Money" (Gold und andere Rohstoffe) die grösste Rolle spielen. Pozsar begründet seine Erwartung damit, dass erstmals in der Nachkriegsgeschichte die Devisenreserven einer Zentralbank eingefroren wurden - nämlich im Rahmen der westlichen Beschlagnahmung der umfangreichen russischen Auslandsdevisen Russlands. Die als risikofrei geltenden Staatsanleihen und Auslandsvermögen sind nun plötzlich mit einem Risiko der Konfiszierung versehen - eine einschneidende Veränderung, die Poszar als Beginn einer Zeitenwende beim globalen Finanzsystem betrachtet: "Wir erleben die Geburt von Bretton Woods III - eine neue (Währungs-)Weltordnung, die sich auf rohstoff-basierte Währungen im Osten stützt und vermutlich das Eurodollar-System schwächen und ebenfalls inflationäre Tendenzen im Westen verstärken wird", so Proszas in einem von ihm veröffentlichten Forschungsartikel.

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Chinas Position gestärkt

Poszar betont vor diesem Hintergrund die besondere Rolle Chinas, das dank seines rasanten Wirtschaftsaufschwungs heutzutage ein enormes globalwirtschaftliches Gewicht hat. China hat Russland bislang mit keinen Sanktionen versehen und kauft weiterhin russische Rohstoffe - zu deutlich vergünstigten Preisen, da Russland sein hohes Angebot an Rohstoffen kaum noch in westlichen Staaten verkaufen kann. Poszar zufolge könne die chinesische Zentralbank zwischen zwei Strategien wählen, um den massenhaften Ankauf russischer Rohstoffe zu finanzieren: Einerseits könnte die People’s Bank of China US-Staatsanleihen verkaufen, was den Inflationsdruck im Westen verstärken und für steigende Anleiherenditen sorgen würden. Andererseits könnte China "Quantitative Easing" praktizieren, das heisst die chinesische Geldmenge erhöhen. Dies würde wiederum die Stellung des Renminbi im globalen Weltwährungssystem stärken und besonders die Rolle des US-Dollars als Weltreservewährung schwächen.

Bitcoin als neuer sicherer Hafen?

Als Profiteure der von ihm erwarteten neuen Geldordnung sieht Poszar - neben Gold und anderen Rohstoffen - auch den Bitcoin an. Bitcoin würde als Gewinner aus den Umwälzungen hervorgehen; aber nur, wenn Bitcoin "dann noch existiert". Sollte dies der Fall sein, so könnte Bitcoin aufsteigen zu einem wichtigen Vermögensschutz, sowohl vor Inflation als auch vor geopolitischer Instabilität. Die letzten Wochen haben gezeigt, dass nationsbasierte Finanzvermögen keineswegs risikofrei sind, was dezentral organisierten Finanztransaktionen wie Kryptowährungen zugute kommen könnte. Jon Wolfenberger, CEO von Bull and Bear Profits, stimmt Poszar zu und hält Bitcoin "für eine grossartige Alternative mit geringeren politischen Risiken". In den vergangenen Wochen konnten sich jedoch auch Bitcoin und Co. dem Abwärtstrend der meisten Vermögenswerte nicht entziehen, so verlor Bitcoin seit Jahresfrist etwa 9,5 Prozent, Ethereum sogar 19,75 Prozent. Gold dagegen konnte um 5,5 Prozent zulegen (Stand ist der 19. März).

Papic hält Proszars Prognose für übertrieben

Die derzeitige Performance von Bitcoin steht also im Widerspruch zu einem vermeintlich sicheren Hafen. Ebenfalls wurden seit Beginn der russischen Ukraine-Invasion gerade westliche Fluchtwährungen wie der US-Dollar oder auch der Schweizer Franken enorm aufgewertet. So bezeichnet Marko Papic, Chefstratege von Clocktower Group, die Erwartung, der Dollar könne seinen Status als Weltreservewährung verlieren, für "übertrieben". Papic erwartet aber durchaus, dass es zu einer "multipolaren" Weltfinanzordnung käme, bei dem die Werte der Währung sich kräftig verschieben werden. Hierbei hat sich die von Proszas erwartete Stärke des chinesischen Renminbi in den vergangenen Handelstagen bestätigt, Chinas Währung wertete stark auf.

Redaktion finanzen.ch

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