Expertenkolumne |
13.11.2024 10:16:16
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Trumps zweites Kapitel: Was 2025 und darüber hinaus zu erwarten ist
Momentan sieht alles danach aus, dass die Republikaner das Weisse Haus, den Senat und das Repräsentantenhaus kontrollieren werden. Lediglich knappe Mehrheiten im Kongress könnten die Agenda des Präsidenten in ihrer Umsetzung dennoch einschränken.
Trump kehrt als designierter Präsident mit einem stärkeren Mandat nach Washington zurück, während die Republikaner voraussichtlich die Kontrolle über beide Kammern des Kongresses übernehmen werden. Mit der Rückkehr zur getrennten Stimmabgabe könnten die Mehrheiten allerdings geringer ausfallen, als Trumps Sieg vermuten lässt. Durch die Wahl geht der Senat aller Vorrausicht nach in republikanische Kontrolle über, die Zusammensetzung ähnelt dabei Trumps anfänglicher Mehrheit im Senat von 2017. Im Repräsentantenhaus werden die Republikaner voraussichtlich eine knappe Mehrheit behalten, allerdings spielen hier ein paar Ergebnisse noch offener Rennen eine Rolle, darunter einige in Kalifornien. Möglicherweise kommen die Republikaner im Repräsentantenhaus auf eine der knappsten Mehrheiten, die es jemals gab.
Im kommenden Jahr werden sehr wahrscheinlich Steuern, Haushaltsdefizite und Zölle die Diskussionen in Washington bestimmen und nur knappe Mehrheiten im Kongress könnten die Umsetzung von Trumps Agenda erschweren. Für die Bestätigung von Nominierungen hätten die Republikaner im Senat zwar genügend Stimmen beisammen (nur 50 Stimmen sind erforderlich). Für 60 Stimmen, die der Filibuster-Taktik vorbeugen und für die Durchsetzung vieler Gesetze nötig sind, wird es aber wohl nicht reichen. Trump könnte also Schwierigkeiten bekommen, die vorgeschlagenen Steuersenkungen in einer gespaltenen Kammer durchzusetzen. Moderate Steuersenkungen hingegen sind über das Verfahren der Budgetabstimmung leichter zu erreichen, denn hier werden nur 50 Stimmen im Senat benötigt. Die von Persönlichkeiten wie Elon Musk geforderten Haushaltskürzungen in Höhe von zwei Billionen US-Dollar würden eine überparteiliche Zustimmung erfordern, und die dürfte nur schwer zu erreichen sein.
Was ist Trumps Handlungsspielraum an seinem ersten Amtstag?
Es gibt mehrere einseitige Massnahmen, die der Präsident möglicherweise bereits am ersten Tag ergreifen könnte:
- Rücknahme der von Präsident Joe Biden erlassenen Durchführungsverordnungen, einschliesslich solcher im Energiesektor (z. B. das Exportverbot von Flüssigerdgas und das Verbot von Bohrungen auf Staatsgebiet). Ankündigung neuer Durchführungsverordnungen, insbesondere mit Blick auf die Grenze zu Mexiko. Die Einschränkung der Migration und die Priorisierung von Abschiebungen krimineller Migranten dürfte einfacher umsetzbar sein als ein umfassenderes Abschiebungsprogramm, welches Zeit und möglicherweise Mittel des Kongresses benötigen würde.
- Verhängung von Zöllen gegen China auf Grundlage der bestehenden Untersuchung nach Abschnitt 301 des Trade Acts von 1974. Schon 2018 hatte Trump sich dieselbe Grundlage zu Nutze gemacht, und Präsident Biden hatte auf ihrer Basis die Zölle weiter erhöht. Weitere potenzielle Zölle auf Produkte oder Länder würden jedoch ein Untersuchungsverfahren erfordern, das in der Regel mehrere Monate dauert.
- Personalaustausch in Bundesbehörden, darunter befinden sich möglicherweise:
- Das Bureau for Consumer Financial Protection und möglicherweise die Federal Housing Finance Authority, die als Einzelbehörden strukturiert sind. Der Supreme Court hat entschieden, dass der Präsident die Befugnis hat, Vorsitzende solcher Behörden zu entlassen.
- Die Federal Trade Commission, wo die Amtszeit der Vorsitzenden Lina Khan Ende September auslief. Präsident Trump könnte sie durch einen republikanischen Beauftragten ersetzen.
- Das Office of the Comptroller of the Currency, eine wichtige Bankenaufsichtsbehörde.
In allen Fällen wird es Zeit in Anspruch nehmen, dauerhafte Vorsitzende zu benennen und zu bestätigen, doch durch verschiedene rechtliche Mittel kann Führungspersonal interimsweise in diesen Behörden eingesetzt werden. Die Marktreaktion auf die Wahl ging in Richtung einer grösseren regulatorischen Klarheit und des Ausbleibens neuer Regulierungen. An dieser Stelle sei aber angemerkt, dass Deregulierung oft Jahre dauert.
Wie sieht es mit fiskalpolitischen Initiativen aus?
Fiskalische Expansion - also Steuern und Ausgaben - geht auch für Präsident Trump nur über den Kongress. Hier könnten die voraussichtlich knappen Mehrheiten als Kontrollmechanismus wirken.
Wenn die Republikaner das Repräsentantenhaus behalten, ist eine vollumfassende Verlängerung der auslaufenden Trump-Steuersenkungen wahrscheinlich - angesichts der ohnehin schon hohen Defizite möglicherweise jedoch nur für einen kürzeren Zeitraum. Was die Ausgaben betrifft, erwarten wir lediglich Vorstösse für marginale Einsparungen. Grössere Kürzungen werden im Repräsentantenhaus schwer durchzusetzen sein und wären auch kaum im Rahmen des Haushaltsabstimmungsverfahrens (das nur 50 Stimmen im Senat erfordert) umsetzbar. Für alles ausserhalb von marginalen Einsparungen sind vermutlich 60 Stimmen erforderlich.
Schon vor Monaten hatten wir das Haushaltsdefizit zum grössten Verlierer der Wahl deklariert. Denn keiner der beiden Kandidaten hatte die Absicht gezeigt, das Defizit abzubauen. Im Gegenteil: bei beiden war die Chance gross, dass sie mit ihren Massnahmen das Defizit erhöhen. Die Schuldenobergrenze wird im Frühjahr Thema sein und bei republikanischer Mehrheit in beiden Kammern dürfte ihre Anhebung ein Leichtes sein.
Was ist mit der Fed?
Wir erwarten bis 2026 keine Veränderungen bei der Federal Reserve. Die Amtszeit von Fed-Chef Jerome Powell endet im Mai 2026, und wir gehen davon aus, dass seine Position bis dahin gesichert ist. Vor Januar 2026 wird es keine freie Stelle im Fed-Gouverneursrat geben. Der Präsident kann einen Fed-Gouverneur ohne triftigen Grund nicht entlassen.
An der Unabhängigkeit der Fed besteht kein Zweifel. Die Fed ist letztlich dem Kongress - der die Fed gegründet und ihr Mandat festgelegt hat - und dem Volk gegenüber verantwortlich. Ihre Unabhängigkeit ermöglicht es der Fed, geldpolitische Entscheidungen auf Basis von Daten, Analysen und Beurteilungen ohne politischen Einfluss zu treffen.
Fazit
Präsident Trump wird mit einem soliden Mandat ins Amt zurückkehren. Und da eine weitere Kandidatur ausgeschlossen ist (ohne die US-Verfassung zu ändern), wird er in vielerlei Hinsicht weniger an bestimmte politische Erwägungen gebunden sein. Die erwarteten knappen Mehrheiten im Kongress - möglicherweise historisch eng im Repräsentantenhaus - könnten jedoch als Kontrollmechanismus für Trumps Agenda, einschliesslich der fiskalischen Massnahmen, wirken. Mit dem Ende des Wahlzyklus und dem schnellen und eindeutigen Ergebnis ging auch eine willkommene Klarheit ohne längere Unsicherheiten einher.
Autor: Libby Cantrill, Leiterin der US-Politikanalyse, PIMCO
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