Zinssorgen |
15.06.2022 22:12:00
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Drohende Rezession: Was eine Wirtschaftsflaute für den Kryptomarkt bedeutet
Im derzeitigen Umfeld hoher Inflationsraten sorgen sich zahlreiche Marktteilnehmer um die Folgen des Preisdrucks. Auch steigt die Befürchtung einer Rezession, die Analysten der Deutschen Bank zuletzt geäussert hatten. Doch was würde der Abschwung für den Kryptomarkt bedeuten?
• Fed steht vor Herausforderung
• Bitcoin als Krisenanlage
Rezession im Anmarsch?
Zwar liess die Inflation in den USA im April etwas nach und befand sich damit erstmals seit acht Monaten im Rückwärtsgang, dennoch befindet sich der Preisdruck auf hohem Niveau. Auch in der Eurozone herrschten zuletzt deutliche Preissteigerungen. Marktbeobachter befürchten von der US-Notenbank daher eine falkenhafte Strategie, um der hohen Inflation mit Zinssteigerungen Herr zu werden. Wenn steigende Inflationsraten aber mit einer wirtschaftlichen Stagnation einhergehen, etwa in Verbindung mit einer hohen Arbeitslosenquote, kommt es zu einer Stagflation. Das Mischwort bezeichnet die Kombination aus Stagnation und Inflation. Wenn die konjunkturelle Entwicklung aber nicht nur stehen bleibt, sondern abgebaut wird, spricht man von einer Rezession. Mehrere Strategen halten dieses Szenario mittlerweile für wahrscheinlich, darunter auch Experten der Deutschen Bank.
Kurseinbrüche beim Bitcoin gehen auf das Konto der Fed
Doch was würde eine Rezession für den Kryptomarkt bedeuten? Dieser Frage hat sich James Butterfill, Chefstratege des Digital Asset Managers CoinShares, angenommen. Zuletzt standen die Kurse von Bitcoin, Ether & Co. deutlich unter Druck, was Butterfill zufolge mehrere Gründe hatte. Als Hauptschuldigen macht der Analyst aber die US-Währungshüter selbst aus, wie er in einem Blogeintrag erklärt. "Die Preisrückgänge der letzten 6 Monate lassen sich im Grossen und Ganzen als direkte Folge der zunehmend aggressiven Rhetorik der Fed erklären", heisst es dort. So reagierte der Kurs des Urgesteins Bitcoin zuletzt besonders empfindlich auf Zinserhöhungen sowie Spekulationen über diese.
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Terra-Crash wirkt nach
Darüber hinaus habe auch der Crash des algorithmischen Stablecoins Terra UST den Druck auf Kryptowährungen erhöht. Zwar war der Kurs der Digitalwährung an den US-Dollar gekoppelt, statt durch physische Finanzreserven sollte Volatilität beim Terra UST allerdings durch die Verbindung zur eigens dafür geschaffenen Kryptowährung LUNA verhindert werden. Wird ein Wert in UST geschaffen, wird der gleiche Betrag in LUNA vernichtet und umgekehrt. Nachdem der Terra UST im Mai aber im Abwärtsstrom des Kryptomarkts an Wert verlor, wurden innerhalb kürzester Zeit zahlreiche neue LUNA-Token geschaffen, was wiederum zur Verwässerung deren Werts führte. Nachdem die Terra-Blockchain als Folge des Crashs offline genommen wurde, starteten die Entwickler mit Terra 2.0 mittlerweile einen zweiten Versuch, dessen Erfolg sich jedoch noch nicht bewährt hat. Am Kryptomarkt führte das Debakel jedoch zu einer starken Verunsicherung, wie auch Butterfill betont. Dennoch bezeichnet der Stratege die Geschehnisse als "nicht systemisch für den gesamten Kryptowährungsraum", da der Terra UST nur weniger als zwei Prozent aller Stablecoins ausmachte.
Auch habe der Bitcoin eine inversive Korrelation zum US-Dollar entwickelt. "Dies ist sinnvoll, da es sich um ein aufstrebendes Wertaufbewahrungsmittel handelt, aber es macht es auch unglaublich empfindlich gegenüber Zinssätzen", so die Einschätzung des Experten. Mittlerweile seien die Zinserwartungen aber bereits in den aktuellen Bitcoin-Preis eingepreist worden. Die grösste Herausforderung für Bitcoin-Anleger sei es daher, herauszufinden wie nachhaltig die US-Dollar-Stärke sei.
Bitcoin und Goldpreis driften auseinander - Korrelation zu Wachstumsaktien
Auch habe sich der Bitcoin-Kurs inzwischen deutlich vom Goldpreis entkoppelt, wie Butterfill weiter erklärt. Dafür weise die nach Marktkapitalisierung gewichtet grösste Kryptwährung mittlerweile eine Korrelation zu Aktien auf. Besonders im Vergleich mit Wachstumsaktien, die sensibler auf Zinssteigerungen reagieren, seien Zusammenhänge erkennbar. "In gewisser Weise ist dies eine korrekte Interpretation des Marktes, denn nicht-rentable Anlagen werden bei Zinserhöhungen leiden", fügt der Krypto-Experte hinzu. Der Bitcoin sei aber nicht mit einem Wachstumswert gleichzusetzen, denn er gelte gleichermassen als "aufstrebendes Wertaufbewahrungsmittel", was sich auch daran zeige, dass sein Gesamtangebot vorhersehbar und begrenzt ist. Daher rechnet der CoinShares-Analyst damit, dass die Korrelation zwischen Wachstumsaktien und Bitcoin mit der Zeit abnehmen wird.
Drahtseilakt für die Fed
Für die Fed bestehe daher derzeit die Herausforderung, sowohl die hohe Inflation zu reduzieren als auch die Wirtschaft nicht zu deutlich zu beanspruchen, also dennoch ein moderates Wirtschaftswachstum aufrecht zu erhalten. Dies dürfte sich nach Meinung von Butterfill aber als schwierig gestalten, weil sich einige Faktoren, die den Erfolg dieses Unterfangens beeinflussen, sich der Kontrolle der Währungshüter entziehen: Dazu zähle der Krieg in Ukraine, die damit einhergehenden, steigenden Ölpreise sowie Lieferkettenprobleme durch Corona-Lockdowns in Shanghai. Zwar könne die Inflation nach Einschätzung des Experten eingedämmt werden, die Geschichte zeige aber, dass der Preis dafür eine Rezession sein werde. Auch habe ein starker Anstieg der Ölpreise seit den 1970er Jahren fast immer zu einer Rezession geführt. Als Beispiel hierfür nennt der Marktbeobachter etwa den Jom-Kippur-Krieg 1973, die iranische Revolution 1978 bis 1979, der Irak-Krieg 1990 und die Terroranschläge vom 11. September 2001.
Bitcoin für Zeiten des wirtschaftlichen Abschwungs geeignet
Daher geht Butterfill davon aus, dass US-Notenbank den Leitzins bis zum Sommer weiter anheben, gleichzeitig aber einen schwächeren wirtschaftlichen Ausblick abgeben wird. Infolgedessen dürfte der US-Dollar zurückfallen. Zwar notierte der Bitcoin-Kurs in den letzten Monaten deutlich schwächer, der Abwärtstrend dürfte dem Strategen zufolge aber bald beendet sein. So dürfte die Kryptowährung aus dem Fokus der zurückhaltend agierenden Fed ausbrechen, dabei gleichzeitig vom schwachen US-Dollar profitieren und sich gen Norden bewegen. Damit dürfte sich die Internet-Münze auch von Kursbewegungen der Wachstumsaktien lösen. Die vormals hohen Bewertungen dürften den Titeln zum Verhängnis werden und im Umfeld einer Stagflation oder gar Rezession eine "unterdurchschnittliche Wertentwicklung" an den Tag legen.
Darüber, wie die wirtschaftliche Entwicklung in den kommenden Monaten genau aussehen wird, könne man keine Auskunft geben, gibt Butterfill zu bedenken, sicher sei jedoch, dass es zu einem Abschwung komme. Egal ob nun aber eine Stagflation oder eine Rezession eintrete, der Bitcoin könne sich als Anlage in Krisenzeiten bewähren. "Da die Liquiditätsfalle die Zentralbanker wirklich im Griff hat, glauben wir, dass Bitcoin eine gute Versicherungspolice angesichts dieses geldpolitischen Chaos ist."
Redaktion finanzen.ch
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