Fokus auf Nachhaltigkeit |
05.07.2024 21:37:00
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Holcim-Aufspaltung: Warum Klima- und Umweltschutz zur Chance werden

Ende Januar hatte Holcim überraschend angekündigt, das Nordamerika-Geschäft abspalten zu wollen. Vor diesem Hintergrund muss sich der Baustoffriese Wege suchen, den damit wegbrechenden Umsatz zu kompensieren - und sieht hier bei Klima- und Umweltschutz gute Chancen.
• Nachhaltigkeit als Wachstumstreiber
• CEO Miljan Gutovic blickt optimistisch in die Zukunft
Das Schweizer Baustoffunternehmen Holcim steht vor grossen Herausforderungen. Anfang diesen Jahres gab der Zementriese überraschend bekannt, sein Nordamerika-Geschäft ausgliedern und in den USA an die Börse bringen zu wollen. Dies soll in 2025 geschehen, womit dann ein ganz neues, vollständig unabhängiges Unternehmen entsteht. Hintergrund der Entscheidung seien die billionenschweren Investitionsprogramme der US-Regierung, wie Holcim-Präsident Jan Jenisch damals verlautete: "Sie werden in den nächsten acht bis zehn Jahren zu nie dagewesenen Ausgaben für die Bauindustrie führen." Zur Ausschöpfung dieses Potenzials sei die Abspaltung der richtige Schritt.
Das die USA und Kanada umfassende Nordamerika-Geschäft hat in den letzten Jahren einen ordentlichen Wachstumsschub erlebt. So konnte das Segment von 2022 bis 2023 um 12,6 Prozent organisch wachsen und einen Umsatz von 6,711 Milliarden Franken erreichen. Auch das wiederkehrende EBIT sowie die wiederkehrende EBIT-Marge wurden gesteigert, wie aus der Bilanz hervorgeht. In 2023 machte der Nordamerika-Umsatz 39 Prozent der gesamten Nettoverkäufe aus. Noch in 2018 waren es lediglich 22 Prozent gewesen.
Fokus auf Umwelt- und Klimaschutz
Mit dem Wegfall des Nordamerika-Geschäfts muss sich Holcim nun also Wege suchen, den Umsatz anders aufzufangen. Der neue Holcim-CEO Miljan Gutovic hat jedoch bereits genaue Vorstellungen, wie er dies bewerkstelligen möchte. Er setzt dabei vor allem auf jene Chancen, die sich durch vermehrten Klima- und Umweltschutz ergeben, wie der Konzernlenker im Rahmen eines Ortstermins bei einem Holcim-Recycling-Center gegenüber der Neuen Zürcher Zeitung erklärte. Auch dem heimischen Markt kommt mit der Aufspaltung eine grössere Bedeutung zu: "Die Schweiz ist nicht der grösste Markt für Holcim, aber sie ist und bleibt unser Innovationsmotor."
Schon in den letzten Jahren hat sich bei dem Zementspezialisten in puncto Nachhaltigkeit und Innovation einiges getan. So entwickelte Holcim schon 2018 den weltweit ersten Zement, der zu 20 Prozent aus recyceltem Bauschutt besteht. Mittlerweile zählen zahlreiche EU-Länder zu den Abnehmern dieses nachhaltigeren Zements. Gutovic hofft darauf, dass dieser Baustoff künftig noch viel mehr zum Einsatz kommt. Hier bedarf es einer Anpassung der Baunormen, die darüber bestimmen, wie viel recycelter Zement in einem Gebäude verbaut werden darf.
Nachfrage nach Recycling-Zement dürfte steigen
Allerdings geht der Holcim-Chef davon aus, dass der Bedarf an Recycling-Zement künftig wachsen dürfte, da Deponiegebühren für entsorgtes Abbruchmaterial steigen würden. Auch wenn es aufwendig und kostspielig ist, den Bauschutt aufzubereiten, hat Holcim einen Weg gefunden, das rezyklierte Material zum gleichen oder gar günstigeren Preis als für neue Baustoffe anzubieten: "Wir haben wieder und wieder bewiesen, dass nachhaltiges Bauen mit rezykliertem Material ebenso wie die Dekarbonisierung Wachstumstreiber für unser Unternehmen sind," fasst Gutovic zusammen.
Durch das Recycling kann die CO2-Bilanz des Unternehmens gesenkt werden. Denn bei der herkömmlichen Herstellung von Zement fallen aufgrund der dafür benötigten Brennstoffe viele Emissionen an. Auch hier hat Holcim bei der Zusammensetzung des Brennstoffmixes bereits zu einer Reduzierung seiner CO2-Emissionen beigetragen und mit seinem klimafreundlichen Zement gar ein neues, rentables Produkt geschaffen: "Vor fünf Jahren bereitete das ganze CO2-Thema unserer Branche starke Kopfschmerzen. Heute halte ich es für die grösste Chance für Holcim", so der Konzernlenker.
Dekarbonisierungsziele beschleunigt
Wie aus dem Geschäftsbericht für 2023 hervorgeht, hat das Unternehmen "die Umsetzung aller unserer Dekarbonisierungsziele beschleunigt und die CO2-Emissionen gemessen am Umsatz um 20 Prozent im Vergleich zu 2022 reduziert."
Weiter heisst es: "Noch in diesem Jahrzehnt wollen wir klimaneutralen Zement Realität werden lassen und bis 2030 jährlich acht Millionen Tonnen vollständig dekarbonisierten Zement anbieten." Ermöglicht werde dies durch verschiedene Projekte, die zur massiven Abscheidung von CO2 beitragen sollen. Hierbei geht es auch um jene Emissionen, die sich nicht verhindern lassen, die dann jedoch aufgefangen und gespeichert werden sollen.
So schnell wie möglich zur Klimaneutralität
Laut Gutovic sei es wichtig, dass Holcim im Vergleich mit anderen Zementherstellern am schnellsten und am effizientesten klimaneutral werde, gibt ihn die NZZ wider. Hierbei dürfte auch die bessere Rentabilität von klimafreundlichem Zement und Beton eine Rolle spielen. So machten diese Produkte im ersten Quartal 2024 bereits rund 25 Prozent aller Verkäufe dieses Geschäftsbereichs aus - vor Jahresfrist waren es lediglich 16 Prozent gewesen.
Dass es Holcim mit diesem Ziel ernst ist, stellte das Unternehmen erst kürzlich mit der Ankündigung einer dreistelligen Millioneninvestion in drei Schweizer Zementwerke unter Beweis. So gab der Baustoffhersteller bekannt, dass mithilfe dieser Investitionen die Verwendung fossiler Brennstoffe bei der Zementherstellung reduziert werden soll. Auch das Einhalten der künftigen Ziele der Schweizer Luftreineverordnung soll somit ermöglicht werden.
Zudem kündigte Holcim noch ehrgeizigere Dekarbonisierungsziele an: Der Anteil von Zementen mit niedrigerem Klinkerfaktor am Portfolio soll von 11 Prozent im vergangenen Jahr auf über 50 Prozent im Jahr 2030 steigen. Zuvor hatte das Unternehmen lediglich 30 Prozent angepeilt. Auch der Anteil von emissionsärmeren Beton am Portfolio soll bis 2030 auf über 50 Prozent steigen. In 2023 waren es noch 17 Prozent gewesen. Das alte Ziel umfasste lediglich rund 25 Prozent.
Redaktion finanzen.ch
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