Weiterer Jobabbau |
19.11.2020 15:30:00
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thyssen-Aktie deutlich schwächer: Auch 2020/21 Milliardenverlust erwartet - Grundsatzentscheidung für Stahl im Frühjahr - 11 000 Stellen fallen weg
Nach massiven Einbrüchen im Stahl- und Automobilzuliefergeschäft hat thyssenkrupp das abgelaufene Geschäftsjahr 2019/20 ohne sein mittlerweile verkauftes Aufzugsgeschäft mit einem operativen Verlust (bereinigtes EBIT) von 1,63 Milliarden Euro abgeschlossen.
Konzernchefin Martina Merz rechnet angesichts der laufenden Sanierung zwar mit einer Besserung im neuen Geschäftsjahr. Gleichwohl erwartet sie unter dem Strich erneut einen Verlust von über 1 Milliarde Euro. Operativ dürfte durch dreistellige Millionenverluste im Stahl und bei den vor einem möglichen Verkauf stehenden Geschäftseinheiten ein bereinigter EBIT-Verlust von rund einer halben Milliarde Euro auflaufen. Auch die Mittelabflüsse werden sich fortsetzen: Beim Free Cashflow vor Portfolioveränderungen rechnet thyssenkrupp mit einem negativen Wert von rund 1,5 Milliarden Euro. Im abgelaufenen Jahr waren 5,5 Milliarden Euro verbrannt worden. Damit ist ein Teil der gut 15 Milliarden Euro Zufluss aus dem Verkauf des Aufzugsgeschäft schon wieder aufgezehrt.
thyssenkrupp will deshalb die Sanierungsbemühungen verstärken und zusätzlich noch einmal 5.000 Stellen abbauen, notfalls auch mit Kündigungen. Vergangenes Jahr war mit den Arbeitnehmervertretern bereits ein Abbau von konzernweit 6.000 Mitarbeitern ausgehandelt worden. Davon haben 3.600 den Stahl- und Industriekonzern bereits verlassen.
thyssenkrupp teilt automobilen Anlagenbau - 385 Jobs fallen weg
thyssenkrupp hat sich auch für den automobilen Anlagenbau mit den Arbeitnehmervertretern auf eine sozialverträgliche Restrukturierung in Deutschland geeinigt. Danach sollen insgesamt 385 Stellen abgebaut und ein Standort in Sachsen zugunsten eines anderen aufgegeben werden, wie es in einer Mitteilung des Unternehmens heißt.
Der Geschäftsbereich mit dem Namen System Engineering wird dabei im laufenden Geschäftsjahr aufgeteilt. Am Ende soll es einen auf Karosseriemontage spezialisierten Anlagenbauer geben, der weiter zur Konzernsparte Automotive Technology gehört.
Antriebs- und Batteriemontage werden dagegen in einem Unternehmen gebündelt, das zum Portfoliosegment Multi Tracks von thyssenkrupp gehört. Zu Multi Tracks gehören in Zukunft Bereiche, für die sich der Konzern langfristig nicht als bester Eigentümer sieht. Sie sollen saniert und anschließend verkauft oder mit einem Partner weitergeführt werden. Wo dies nicht möglich ist, droht eine komplette Schließung.
Der Bereich Multi Tracks umfasst Geschäfte mit einem Gesamtumsatz von 5,5 Milliarden Euro.
Positiver Cashflow hat für thyssenkrupp-Chefin höchste Priorität
Die Erzielung nachhaltig positiver Free Cashflows hat für thyssenkrupp-Konzernchefin Martina Merz Vorrang beim Umbau des Stahl- und Industriekonzerns. "Stop the bleeding" laute die Kernbotschaft derzeit an den Kapitalmarkt, sagte sie in der Bilanzpressekonferenz. Man werde bei der Kostensenkung nicht ruhen, versprach die Managerin, und weitere Restrukturierungsmaßnahmen entwickeln.
Bis zum vergangenen Mai habe man jeden Stein im Konzern umgedreht, um nach verdeckten Kosten und Potenzialen zu suchen. In der Pandemie zeige sich, dass die daraus entwickelte Planung nicht ausreichend sei. "Wir heben diese Steine nun nochmals auf", sagte Merz. Dem Aufsichtsrat sei bereits signalisiert worden, dass bis zum Frühjahr eine an die neue Situation angepasste Planung zu erwarten sei. Diese werde mit konkreten Maßnahmen unterlegt sein. Auf dieser Basis will Merz dann auch belastbare Aussagen zur mittelfristigen Cashflow-Entwicklung machen können.
Im laufenden Jahr rechnet der Konzern mit Abflüssen in der Größenordnung von 1,5 Milliarden Euro. Deshalb hat der Vorstand sich vorgenommen, weitere 5.000 Stellen im Konzern in den nächsten drei Jahren abzubauen - zusätzlich zu den 6.000 Stellen, die schon im vergangenen Jahr mit den Arbeitnehmern ausgehandelt wurden. Etwa 7.000 Mitarbeiter in Deutschland sollen gehen, sagte Arbeitsdirektor Oliver Burkhard.
Um dieses Ziel zu erreichen und einvernehmliche Lösungen mit den Arbeitnehmern zu finden, werde er den gesamten Werkzeugkasten der Personalpolitik brauchen, sagte der Personalvorstand. Ziel sei es, den Abbau so sozialverträglich und anständig wie möglich zu gestalten. Es werde aber womöglich nicht ohne betriebsbedingte Kündigungen gehen. In nächsten Jahren stehe der Konzern mit seinen derzeit knapp 104.000 Mitarbeitern vor dem größte Personalabbau seit seiner Gründung.
"Das ist ein hartes Brett, das wir da vor uns haben. Und es ist klar, dass das nicht zu Jubelstürmen führen wird", sagte er mit Blick auf Kritik seitens der IG Metall an der Ankündigung. "Kostenreduzierungen, die sich auf Personalabbau und Mitarbeiterbeiträge konzentrieren, lehnen wir ab", hatte am Morgen das IG-Metall-Vorstandsmitglied Jürgen Kerner der Rheinischen Post gesagt. Kerner ist auch Vize-Chef des Aufsichtsrats von thyssenkrupp.
thyssenkrupp sieht in Wasserstoffelektrolyse für sich Potenziale
thyssenkrupp sieht große Wachstumschancen beim Bau von Anlagen zur Erzeugung von Wasserstoff und prüft deshalb Optionen für das Zukunftsgeschäft. Der Konzern habe bei ganz großen Elektrolyseanlagen ein Alleinstellungsmerkmal, sagte Vorstandschefin Martina Merz auf der Bilanzpressekonferenz. Sie erwartet einen absolut boomenden Markt, noch sei der aber nicht richtig in Gang gekommen.
Um sich auf diesen Zeitpunkt vorzubereiten, seien zunächst viele Vorleistungen nötig, so Merz. Deshalb werde geprüft, gegebenenfalls einen Co-Investor ins Boot zu holen oder einen Technikpartner zu finden. Insgesamt sei die Entwicklung aber "sehr vielversprechend", weshalb entschieden worden sei, den Bau von Chemieanlagen nicht zu verkaufen.
thyssenkrupp will Grundsatzentscheidung für Stahl im Frühjahr
Im Frühjahr will thyssenkrupp nach den Worten von Vorstandschefin Martina Merz entscheiden, wie es im Stahlgeschäft weitergeht. Dann werde der Konzern erklären, ob er das Geschäft allein oder mit einem Partner vorantreiben wird. Das Ganze werde mit einem tragfähigen industriellen Konzept untermauert, sagte Merz in der Bilanzpressekonferenz. Später sprach sie von einer Entscheidung im März.
Derzeit werde daran gearbeitet, den Stahl auch als eigenständiges Unternehmen wettbewerbsfähig zu machen. Zum Übernahmeangebot von Liberty Steel wollte Merz keine Einschätzung abgeben. Hier sei Stillschweigen vereinbart worden.
Zu den Gesprächen mit der Landesregierung von Nordrhein-Westfalen und dem Bund sagte Finanzvorstand Klaus Keysberg, es gehe nicht um eine Staatsbeteiligung sondern um staatliche Unterstützung. "Wir führen derzeit Gespräche, wissen aber noch nicht, wohin das führt." Keysberg sagte: "Die mit Abstand größten Herausforderungen für den Konzern liegen beim Stahl."
thyssenkrupp Steel Europe verzeichnete im abgelaufenen Geschäftsjahr einen Geldmittelverbrauch von 1,574 Milliarden Euro. 2020/21 soll der negative Free Cashflow auf einen niedrig dreistelligen Millionen-Betrag reduziert werden.
thyssenkrupp verschärft Sparkurs - 11 000 Stellen fallen weg
Deutschlands führender Stahlhersteller reagiert mit dem grössten Sparprogramm seiner Unternehmensgeschichte auf die immensen Verluste im abgelaufenen Geschäftsjahr. Statt der bisher geplanten 6000 Stellen sollen insgesamt 11 000 Arbeitsplätze gestrichen werden, wie der Industriekonzern am Donnerstag bei der Bilanzpressekonferenz mitteilte. Das ist mehr als jeder zehnte Arbeitsplatz im Unternehmen. Der Stellenabbau wird vor allem die deutschen Standorte treffen, wo 7000 Jobs zur Disposition stehen oder bereits gestrichen wurden.
Ob nicht noch mehr Arbeitsplätze dem Rotstift zum Opfer fallen, ist ungewiss. "Wir werden weitere, auch tiefgreifende Entscheidungen treffen müssen", sagte die Vorstandsvorsitzende Martina Merz. Für die Sanierung des Stahlgeschäfts hofft sie auf finanzielle Unterstützung des Staates. Im Ende September ausgelaufenen Geschäftsjahr musste thyssenkrupp den Wert seiner Stahlsparte um mehr als 1,5 Milliarden Euro nach unten korrigieren. Viele unrentable Unternehmensteile stehen zum Verkauf.
Ohne das mittlerweile verkaufte Aufzugsgeschäft musste der Konzern einen bereinigten operativen Verlust (Ebit) von 1,6 Milliarden Euro hinnehmen. Im Vorjahr war noch ein Minus von 110 Millionen Euro angefallen. Das Stahlgeschäft steuerte mit einem Verlust von fast 1 Milliarde Euro den grössten Teil zum Minus bei. Der Umsatz brach im fortgeführten Geschäft um 15 Prozent auf rund 28,9 Milliarden Euro ein. "Die Corona-Krise hat uns voll erwischt", sagte Merz. Vor allem die Nachfrage aus der Automobilindustrie war eingebrochen. thyssenkrupp macht 30 Prozent des Umsatzes mit den Autoherstellern.
Von entscheidender Bedeutung für den Traditionskonzern aus dem Ruhrgebiet ist eine Lösung seiner Probleme beim Stahl. "Wir wollen im März im Prinzip die Zukunftslösung für den Stahl haben", sagte Merz. Dann solle entschieden sein: "wir machen es selbst, oder wir gehen zusammen".
thyssenkrupp lotet Kooperationen mit anderen Stahlherstellern in Europa aus, prüft aber auch ein Übernahmeangebot des britischen Konzerns Liberty Steel für seine Stahlsparte. Selbst als Käuferin will Merz aber nicht auftreten. Eine Übernahme biete sich in der gegenwärtigen wirtschaftlichen Verfassung von thyssenkrupp nicht an. Deshalb sei diese Option nicht geprüft worden.
Für eine Sanierung des Stahlgeschäfts im Alleingang benötige thyssenkrupp aber finanzielle Hilfe, machte Merz deutlich. Mit der Bundesregierung sei man in Gesprächen über Geld aus dem Wirtschaftstabilisierungsfonds. Wenn thyssenkrupp beim Stahl alleine weitermache, wäre es "eine grosse Hilfe, wenn wir Mittel daraus bekommen könnten", betonte die Konzernchefin. Der IG Metall reicht das nicht, sie fordert einen Einstieg des Staates bei der Stahlsparte von thyssenkrupp.
Trotz der aktuell bedrohlichen Lage ist Merz zuversichtlich, das Ruder bei dem Traditionskonzern herumreissen zu können. "Der Umbau kommt insgesamt gut voran", versicherte sie. Durch den Verkauf der Aufzugsparte für mehr als 17 Milliarden Euro konnte der Konzern seine Bilanz aufbessern. thyssenkrupp werde "kleiner, aber auch profitabler", betonte Merz.
Der Stellenabbau läuft seit dem vorigen Jahr, rund 3600 Arbeitsplätze sind bereits weg. Damit müssen in den kommenden drei Jahren noch 7400 Stellen gestrichen werden, wie Personalvorstand Oliver Burkhard vorrechnete. Diese Zahl sei "eine Momentaufnahme aus heutiger Perspektive". Sie hänge vom weiteren Geschäftsverlauf und der Entwicklung der Pandemie ab. "Neue, langfristige Beschäftigungsgarantien können wir aktuell nicht geben." Betriebsbedingte Kündigungen seien nicht ausgeschlossen, sollen aber das letzte Mittel sein.
Die IG Metall reagierte empört. "Kostenreduzierungen, die sich auf Personalabbau und Mitarbeiterbeiträge konzentrieren, lehnen wir ab", sagte der Vize-Vorsitzende des thyssenkrupp-Aufsichtsrats, Jürgen Kerner, der "Rheinischen Post" (Freitag).
Dem thyssenkrupp-Grossaktionär Cevian reicht das Tempo beim Umbau des Konzerns nicht aus. "Die Aufzugssparte wurde verkauft, um die Sanierung der anderen Geschäfte zu finanzieren. Bisher ist noch nicht genug passiert", kritisierte Cevian-Partnerin Friederike Helfer, die auch Mitglied des Aufsichtsrats von thyssenkrupp ist. thyssenkrupp verliere weiter Milliarden. "Wettbewerber haben in der Corona-Krise massiv durchgegriffen und ziehen weiter davon." Martina Merz habe richtig erkannt: "Es ist ein Sanieren gegen die Zeit. Nun müssen dringend weitere Taten und Ergebnisse folgen", forderte Helfer. Cevian ist mit 18 Prozent nach der Krupp-Stiftung der zweitgrösste Anteilseigner von thyssenkrupp.
Im XETRA-Handel geht es für die thyssen-Aktie zeitweise um 6,63 Prozent auf 4,58 Euro abwärts.
FRANKFURT (Dow Jones) / (awp international)
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